Das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt hat entschieden, dass die Verzin­sung von Steuer­nach­for­de­rungen und Steuer­erstat­tungen verfas­sungs­widrig ist, soweit ab dem 1.1.2014 bei der Zinsbe­rech­nung ein Zinssatz von monat­lich 0,5% (= 6% pro Jahr) zugrunde gelegt wird. Das bishe­rige Recht ist für Verzin­sungs­zeit­räume bis einschließ­lich 2018 weiter anwendbar.

Aus diesem Grund hat die Finanz­ver­wal­tung eine Allge­mein­ver­fü­gung erlassen, wonach alle am 29.11.2021 anhän­gigen und zuläs­sigen Einsprüche gegen Festset­zungen von Zinsen gem. § 233a AO für Verzin­sungs­zeit­räume vor dem 1.1.2019 zurück­ge­wiesen werden, soweit mit den Einsprü­chen geltend gemacht wird, dass die Verzin­sung von Steuer­nach­for­de­rungen und Steuer­erstat­tungen in Höhe von 0,5% pro Monat gegen das Grund­ge­setz verstoße. Unter Verzin­sungs­zeit­räume vor dem 1.1.2019 sind nur volle Zinsmo­nate zu verstehen, die spätes­tens mit Ablauf des 31.12.2018 enden. Entspre­chendes gilt für am 29.11.2021 anhän­gige, außer­halb eines Einspruchs- oder Klage­ver­fah­rens gestellte und zuläs­sige Anträge auf Änderung einer Zinsfest­set­zung.

Auswir­kung der Allge­mein­ver­fü­gung: Die Finanz­ver­wal­tung weist alle Einsprüche und Anträge gegen Festset­zungen von Zinsen für Verzin­sungs­zeit­räume vor dem 1.1.2019 zurück. Gegen diese Allge­mein­ver­fü­gung kann inner­halb eines Jahres Klage erhoben werden. Die Klage ist bei dem Finanz­ge­richt zu erheben, in dessen Bezirk sich das Finanzamt befindet, das den von dieser Allge­mein­ver­fü­gung betrof­fenen Verwal­tungsakt erlassen hat.

Die Jahres­frist beginnt am Tag nach der Heraus­gabe des Bundes­steu­er­blatts, in dem diese Allge­mein­ver­fü­gung veröf­fent­licht wird. Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegen­stand des Klage­be­geh­rens, den mit der Klage angegrif­fenen Verwal­tungsakt und diese Allge­mein­ver­fü­gung bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begrün­dung dienenden Tatsa­chen und Beweis­mittel angeben. Ihr soll eine Abschrift des angefoch­tenen Verwal­tungs­akts und eine Abschrift dieser Allge­mein­ver­fü­gung beigefügt werden.

Für Verzin­sungs­zeit­räume ab dem 1.1.2019 hat das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt die Anwen­dung des Zinssatzes von 0,5% pro vollem Monat unter­sagt (§ 233a AO). Der Gesetz­geber wurde insoweit verpflichtet, bis zum 31.7.2022 eine verfas­sungs­kon­forme Neure­ge­lung für alle offenen Fälle zu treffen. Konse­quenz ist, dass das Finanzamt erst nach der gesetz­li­chen Neure­ge­lung das Verfahren über den Einspruch oder den Änderungs­an­trag insoweit fortsetzen kann. Das heißt, dass über Einsprüche oder Änderungs­an­träge gegen Zinsen, die (auch) für Verzin­sungs­zeit­räume nach dem 31.12.2018 festge­setzt wurden bzw. werden, insoweit zunächst nicht entschieden werden kann.

Fazit: Die Klage gegen die Allge­mein­ver­fü­gung der Finanz­ver­wal­tung kann inner­halb eines Jahres erhoben werden. Zumin­dest dann, wenn hinsicht­lich der Zinsen keine Ausset­zung der Vollzie­hung erfolgt ist, dürfte es sinnvoll sein, die gesetz­liche Neure­ge­lung abzuwarten.

Quelle: Sonstige | Sonstige | Allge­mein­ver­fü­gung der obersten Finanz­be­hörden der Länder | 28-11-2021