Der BFH hat entschieden, dass Unter­halts­leis­tungen nur dann als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen von der Einkom­men­steuer abgezogen werden können, wenn das Vermögen des Unter­halts­emp­fän­gers 15.500 € (sogenanntes Schon­ver­mögen) nicht übersteigt. Zudem hat er klarge­stellt, dass die monat­li­chen Unter­halts­leis­tungen nicht in die Vermö­gens­be­rech­nung einzu­be­ziehen sind.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger machten Unter­halts­zah­lungen an den ihren volljäh­rigen Sohn, für den kein Kinder­geld­an­spruch mehr bestand, für den Zeitraum 1.1. bis 30.9.2019 (Abschluss des Studiums) als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen geltend. Das Bankkonto des Sohnes wies zum 1.1.2019 ein Guthaben 15.950 € aus. Darin enthalten war eine Ende Dezember 2018 geleis­tete Unter­halts­vor­aus­zah­lung für Januar 2019 in Höhe von 500 €. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Unter­halts­zah­lungen als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen ab, da der Sohn über ausrei­chend eigenes Vermögen verfüge. Davon sei nach den Einkom­men­steu­er­richt­li­nien und der ständigen Recht­spre­chung des BFH auszu­gehen, wenn das Vermögen die Grenze von 15.500 € überschreite. Das Finanz­ge­richt folgte der Sicht­weise des Finanz­amts und wies die Klage ab.

Der BFH entschied anders. Er hob die Vorent­schei­dung auf und gab der Klage im Wesent­li­chen statt. Er stellte zunächst überein­stim­mend mit dem Finanz­ge­richt klar, dass die seit 1975 unver­än­derte Höhe des Schon­ver­mögen von 15.500 € trotz der seither einge­tre­tenen Geldent­wer­tung nicht anzupassen sei. Schon­ver­mögen in dieser Höhe liege auch im Streit­jahr 2019 noch deutlich oberhalb des steuer­li­chen Grund­frei­be­trags (2019 = 9.168 €) und unter­schreite auch nicht das Vermögen, was das Zivil- und Sozial­recht dem Bedürf­tigen als „Notgro­schen“ zugesteht. 

Der BFH folgte dem Finanz­ge­richt aber nicht bei der Berech­nung des Vermö­gens. Die monat­li­chen Unter­halts­leis­tungen der Kläger seien nicht sofort in die Vermö­gens­be­rech­nung einzu­be­ziehen. Angesparte und noch nicht verbrauchte Unter­halts­leis­tungen würden grund­sätz­lich erst nach Ablauf des Kalen­der­jahres ihres Zuflusses zu (abzugs­schäd­li­chem) Vermögen. Die vorschüs­sige Unter­halts­zah­lung für den Januar 2019 gilt erst in 2019 als bezogen und ist daher beim Vermögen zum 1.1.2019 nicht zu berück­sich­tigen. Zu diesem Zeitpunkt sei daher von einem unschäd­li­chen Vermögen des Sohnes in Höhe von 15.450 € auszu­gehen, das sich im Jahr 2019 auch nicht auf einen Betrag von über 15.500 € erhöht habe.

Quelle: BFH | Urteil | VI R 21/21 | 28-02-2024