Es liegt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwe­cken vor, wenn die Immobilie (auch) an den geschie­denen Ehegatten überlassen wird. Eine Nutzung zu eigenen Zwecken liegt nur vor, wenn unter­halts­be­rech­tigte Kinder typischer­weise zur Lebens­ge­mein­schaft oder Wirtschafts­ge­mein­schaft des Steuer­pflich­tigen gehören. Das ist nicht der Fall, wenn dauernd getrennt­le­bende oder geschie­dene Ehegatten nicht mehr Teil einer Lebens- und Wirtschafts­ge­mein­schaft sind.

Fazit: Es liegt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwe­cken vor, wenn der veräu­ßernde Ehegatte nach dem Schei­tern der Ehe aus der zuvor gemeinsam bewohnten Immobilie ausge­zogen ist und der andere Ehegatte sowie die beiden gemein­samen Kinder dort wohnen bleiben. Auf die Beweg­gründe für die Überlas­sung der Immobilie an den dauernd getrennt­le­benden oder geschie­denen Ehegatten kommt es in diesem Zusam­men­hang nicht an.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger war seit 1989 verhei­ratet. Aus der Ehe entstammen zwei Kinder. Die Ehe wurde 2014 geschieden. Der Kläger und die Kindes­mutter waren je zur Hälfte Mitei­gen­tümer der Immobilie, die während des Bestehens der Ehe als gemein­sames Famili­en­heim diente. Der Kläger zog infolge der Trennung von der Kindes­mutter aus der Immobilie aus. Zur endgül­tigen Vermö­gens­aus­ein­an­der­set­zung übertrug die Kindes­mutter im Rahmen der Eheschei­dung aufgrund der Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­ba­rung ihren Mitei­gen­tums­an­teil an der Immobilie auf den Kläger. Nach der Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­ba­rung stand der Kindes­mutter jedoch das Recht zu, die Immobilie bis zum 31.12.2018 unent­gelt­lich zu nutzen.
2018 verkaufte der Kläger die Immobilie. Das Finanzamt berück­sich­tigte für den Veran­la­gungs­zeit­raum 2018 Einkünfte aus einem privaten Veräu­ße­rungs­ge­schäft, weil eine Steuer­be­freiung mangels Eigen­nut­zung durch den Kläger nicht vorliege.

Zu den sonstigen Einkünften zählen auch Einkünfte aus privaten Veräu­ße­rungs­ge­schäften. Dazu gehören Veräu­ße­rungs­ge­schäfte bei Grund­stü­cken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaf­fung und Veräu­ße­rung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Ausge­nommen sind Wirtschafts­güter, die im Zeitraum zwischen Anschaf­fung oder Fertig­stel­lung und Veräu­ße­rung ausschließ­lich zu eigenen Wohnzwe­cken oder im Jahr der Veräu­ße­rung und in den beiden voran­ge­gan­genen Jahren zu eigenen Wohnzwe­cken genutzt wurden.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwe­cken setzt voraus, dass die Immobilie zum Bewohnen dauer­haft geeignet ist und vom Steuer­pflich­tigen auch bewohnt wird. Der Steuer­pflich­tige muss das Gebäude zumin­dest auch selbst nutzen. Unschäd­lich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Famili­en­an­ge­hö­rigen oder einem Dritten bewohnt. Das war hier nicht der Fall.

Quelle: BFH | Urteil | IX R 10/22 | 13-11-2023