Eine einma­lige Dienst­leis­tung, die in Raten vergütet wird, fällt nicht in den Anwen­dungs­be­reich des Art. 64 Abs. 1 der Richt­linie 2006/112/EG. Bei der Besteue­rung nach verein­barten Entgelten entsteht die Umsatz­steuer daher mit der Ausfüh­rung der Dienst­leis­tung. Die Verein­ba­rung, dass das Entgelt für die einma­lige Dienst­leis­tung in Raten gezahlt wird, führt hinsicht­lich der noch nicht fälligen Raten nicht zu einer Minde­rung der Steuer­be­mes­sungs­grund­lage. Begrün­dung: Die Nicht­zah­lung eines Teilbe­trags, der noch nicht fällig ist, kann nicht als Nicht­be­zah­lung des Preises einge­stuft werden.

Praxis-Beispiel:
Im Jahr 2012 erbrachte ein Steuer­pflich­tiger eine Vermitt­lungs­leis­tung an eine GmbH zum Zweck des Verkaufs eines Grund­stücks durch die GmbH an einen Dritten. Aus der am 7.11.2012 zwischen dem Steuer­pflich­tigen und der GmbH geschlos­senen Honorar­ver­ein­ba­rung geht hervor, dass der Steuer­pflich­tige zu diesem Zeitpunkt seine vertrag­li­chen Verpflich­tungen bereits erfüllt hatte. Als Vergü­tung wurde ein Betrag von 1.000.000 € zuzüg­lich Mehrwert­steuer festge­setzt und verein­bart, dass dieser Betrag in Teilbe­trägen von 200.000 € zuzüg­lich Mehrwert­steuer zu zahlen sei. Die Beträge waren in einem Abstand von jeweils einem Jahr fällig, und der erste Teilbe­trag war am 30.6.2013 zu zahlen. Zum jewei­ligen Fällig­keits­zeit­punkt erstellte der Steuer­pflich­tige eine Rechnung über den geschul­deten Betrag, verein­nahmte ihn und entrich­tete die entspre­chende Mehrwert­steuer.

Im Anschluss an eine Steuer­prü­fung stellte das Finanzamt mit Bescheid vom 22.12.2016 fest, dass die Dienst­leis­tung im Jahr 2012 erbracht worden sei und dass der Steuer­pflich­tige daher für dieses Jahr Mehrwert­steuer auf das gesamte Honorar hätte entrichten müssen, weil keine Leistungen vorliegen, die „zu aufein­an­der­fol­genden Zahlungen Anlass“ geben.

Der EuGH stellt fest, dass die Formu­lie­rung in Art. 64 Abs. 1 der Richt­linie 2006/112/EG „Leistungen, die zu aufein­an­der­fol­genden Zahlungen Anlass geben“ entweder dahin­ge­hend verstanden werden kann, dass sie einma­lige Leistungen umfasst, deren verein­barte Vergü­tung in mehreren Teilbe­trägen gezahlt wird, oder dahin, dass sie sich nur auf Leistungen bezieht, die gerade ihrer Art nach eine Raten­zah­lung recht­fer­tigen, d. h. solche, die nicht einmalig, sondern wieder­holt oder konti­nu­ier­lich während eines bestimmten Zeitraums erbracht werden. Der EuGH bestä­tigt die letztere Ausle­gung, weil nur diese Ausle­gung den Wortlaut und den Zweck von Art. 64 Abs. 1 der Richt­linie 2006/112 bestä­tigt.

Geht es z. B. um Dienst­leis­tungen eines Sport­ler­ver­mitt­lers, bei dem die Vergü­tung für den Zeitraum der Raten­zah­lungen mit dem Verbleib des Spielers im betref­fenden Verein gekop­pelt ist, dann handelt es sich um „Leistungen, die zu aufein­an­der­fol­genden Zahlungen Anlass geben“. Das heißt, dass die Dienst­leis­tung nicht einmalig war, sondern wieder­holt oder konti­nu­ier­lich während eines bestimmten Zeitraums erbracht wurde, sodass die in mehreren Teilbe­trägen gezahlte Vergü­tung ihrer Art nach eine Raten­zah­lung recht­fer­tigt. Die Umsatz­steuer entsteht dann mit der Zahlung der verein­barten Rate.

Nach Art. 63 der Richt­linie 2006/112 entsteht der Steuer­an­spruch bei einer einma­ligen Leistung zu dem Zeitpunkt, zu dem die Liefe­rung von Gegen­ständen bewirkt oder die Dienst­leis­tung erbracht wird, also zum Zeitpunkt der Ausfüh­rung des betref­fenden Umsatzes. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die für diesen Umsatz geschul­dete Gegen­leis­tung bereits entrichtet worden ist. Daher schuldet der Lieferer eines Gegen­stands oder der Erbringer einer Dienst­leis­tung die Mehrwert­steuer, selbst wenn er von seinem Kunden noch keine Zahlung für den bewirkten Umsatz erhalten hat.

Quelle: EuGH | Urteil | C 324/20 | 27-10-2021