Eine Vergü­tung, die nach Kündi­gung eines Archi­tek­ten­ver­trages gezahlt wird, ist in der Regel nur insoweit als umsatz­steu­er­pflich­tiges Entgelt zu behan­deln, als sie auf Leistungs­teile entfällt, die schon erbracht worden sind.

Praxis-Beispiel:
Ein selbstän­diger Landschafts­ar­chi­tekt übernahm die Gestal­tung der Freian­lagen von 2 Schulen, die lt. Vertrag in mehreren Bauab­schnitten im Zeitraum von 2012 bis 2015 reali­siert werden sollten. Es wurde verein­bart, dass der Landschafts­ar­chi­tekt im Falle einer Kündi­gung, die er nicht zu vertreten hat, die verein­barte Vergü­tung erhält (abzüg­lich der ersparten Aufwen­dungen für die nicht erbrachten vertrag­li­chen Leistungen). Der Auftrag­geber (X-Kreis) teilte dem Kläger mit, dass das Projekt Umbau an einer der Schulen aus finan­zi­ellen Gründen nicht mehr reali­siert wird. Die Vertrags­be­tei­ligten einigten sich darauf, dass der Landschafts­ar­chi­tekt für tatsäch­lich erbrachte Planungs­leis­tungen noch ein Honorar von 22.747,66 € erhält und der Auftrag­geber ihm darüber hinaus ein Ausfall­ho­norar in Höhe von 52.252,34 € (ohne Umsatz­steuer) zahlt. Damit sollten sämtliche Ansprüche aus dem Archi­tek­ten­ver­trag abgegolten sein.

Der Landschafts­ar­chi­tekt behan­delte das Honorar für die bereits erbrachten Leistungen als steuer­pflich­tigen Umsatz zum Regel­steu­er­satz von 19%. Das Ausfall­ho­norar sah er hingegen als nicht steuer­baren Schaden­er­satz an. Das Finanzamt ging im Anschluss an eine Umsatz­steu­er­son­der­prü­fung davon aus, dass es sich bei der Leistung, die als Ausfall­ho­norar bezeichnet wurde, um eine Gegen­leis­tung für den Verzicht des Landschafts­ar­chi­tekten auf die Erfül­lung des Archi­tek­ten­ver­trages handle. Das Finanzamt behan­delte den Betrag von 52.252,34 € als Gegen­leis­tung, aus der die Umsatz­steuer heraus­zu­rechnen sei.

Der Umsatz­steuer unter­liegen die Liefe­rungen und sonstigen Leistungen, die ein Unter­nehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unter­neh­mens ausführt. Die Besteue­rung einer Liefe­rung oder sonstigen Leistung setzt das Bestehen eines unmit­tel­baren Zusam­men­hangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfan­genen Gegen­wert voraus. Der Leistungs­emp­fänger muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemein­samen Mehrwert­steu­er­rechts führt.

Demge­gen­über sind Entschä­di­gungen oder Schadens­er­satz­zah­lungen grund­sätz­lich kein Entgelt im Sinne des Umsatz­steu­er­rechts, wenn die Zahlung nicht für eine Liefe­rung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern wenn der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzu­stehen hat. In diesen Fällen besteht kein unmit­tel­barer Zusam­men­hang zwischen der Zahlung und der Leistung. Ob eine Leistung des Unter­neh­mers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlan­gung einer Gegen­leis­tung (Zahlung) richtet, bestimmt sich in erster Linie nach dem Rechts­ver­hältnis, das der Leistung zugrunde liegt. Eine zu zahlende Vergü­tung nach Kündi­gung eines Bauver­trages ist nur insoweit Entgelt und damit Bemes­sungs­grund­lage für den steuer­baren Umsatz, als sie auf schon erbrachte Leistungs­teile entfällt. 

Von einem entgelt­li­chen Leistungs­aus­tausch kann nur ausge­gangen werden, wenn ein Steuer­pflich­tiger auf eine gesetz­liche oder vertrag­liche Rechts­po­si­tion gegen Entgelt verzichtet. Daran bestehen aber Zweifel, wenn der Archi­tekt das Vertrags­ver­hältnis (hier: den Archi­tek­ten­ver­trag) bereits vorzeitig gekün­digt hat, wovon die Betei­ligten in ihrer gütli­chen Verein­ba­rung ausge­gangen sind. In diesem Falle verfügte er im Zeitpunkt der Bespre­chung über keine Rechts­po­si­tion aus dem Archi­tek­ten­ver­trag mehr, auf die er (gegen Entgelt) hätte verzichten können. 

Das FG hat in seinem Urteil ledig­lich festge­stellt, dass die Kündi­gung des Archi­tek­ten­ver­trages ausge­spro­chen wurde, nicht aber von welcher Vertrags­partei. Hierzu hat das Finanz­ge­richt keine weiteren Feststel­lungen getroffen. Eine Steuer­bar­keit und Steuer­pflicht kommt auf dieser Grund­lage nur in Betracht, wenn der Kläger eine Rechts­po­si­tion innege­habt und auf diese verzichtet hat.

Maßgeb­lich ist dabei das, was die Parteien tatsäch­lich verein­baren wollten. War die Auftei­lung der Zahlung in zwei Bestand­teile nicht ernst­haft gewollt und sollte sie nur dazu dienen, die Entste­hung einer Umsatz­steuer zu verhin­dern oder zu mindern, deren Zahlung nicht zum Vorsteu­er­abzug berech­tigt, kann der volle Betrag als Gegen­leis­tung anzusehen sein. Hierzu hat das Finanz­ge­richt indes keine Feststel­lungen getroffen.

Quelle: BFH | Urteil | V R 13/19 | 25-08-2021