Der geldwerte Vorteil für eine private Nutzung ist auch dann nach der 1%-Regelung zu versteuern, wenn der Gesell­schafter-Geschäfts­führer den Firmen-Pkw tatsäch­lich nicht privat nutzt, aber die Möglich­keit besteht, dass er ihn im Rahmen des Arbeits­ver­hält­nisses privat nutzen kann. Darf der Firmen­wagen privat genutzt werden, kann das Gegen­teil nur mit einem Fahrten­buch nachge­wiesen werden. Die substan­zi­ierte Darle­gung eines atypi­schen Sachver­halts, z. B. dass ein gleich­wer­tiges Fahrzeug für Privat­fahrten zur Verfü­gung steht, reicht nicht aus, um die private Nutzung des Firmen­wa­gens zu wider­legen.

Aber! Es sieht anders aus, wenn die GmbH ihrem Arbeit­nehmer einen Firmen­wagen überlässt und ihm die private Nutzung unter­sagt. In dieser Situa­tion ist kein geldwerter Vorteil als Arbeits­lohn zu versteuern, weil das Finanzamt nicht unter­stellen darf, dass der Arbeit­nehmer das Verbot missachtet. Die Nicht­be­ach­tung des Verbots kann für den Arbeit­nehmer straf­recht­liche Konse­quenzen haben und zur Kündi­gung des Arbeits­ver­hält­nisses führen. Laut BFH ist nicht davon auszu­gehen, dass sich der Arbeit­nehmer diesem Risiko aussetzt. Zum selben Ergebnis kommt der BFH auch, wenn eine GmbH ihrem Gesell­schafter-Geschäfts­führer einen Firmen­wagen überlässt und die Privat­nut­zung unter­sagt. Das Finanzamt darf (auch bei einer Ein-Mann-GmbH) nicht unter­stellen, dass das Privat­nut­zungs­verbot nur zum Schein ausge­spro­chen wurde. Dabei spielt es keine Rolle, wenn bei einer Zuwider­hand­lung mangels Kontroll­in­stanz keine arbeits­recht­li­chen oder gar straf­recht­li­chen Konse­quenzen zu erwarten sind.

Konse­quenz: Eine unbefugte Privat­nut­zung hat keinen Lohncha­rakter. Ein Zufluss von Arbeits­lohn liegt erst dann vor, wenn der Arbeit­geber zu erkennen gibt, dass er den ihm zuste­henden Schaden­er­satz gegen­über dem Arbeit­nehmer nicht geltend machen wird. Bei einem GmbH-Gesell­schafter wird in dieser Situa­tion regel­mäßig von einer verdeckten Gewinn­aus­schüt­tung auszu­gehen sein.

Praxis-Beispiel:
Der Gesell­schafter-Geschäfts­führer einer Gebäu­de­rei­ni­gungs-GmbH nutzt zwei Kfz (eine BMW-Limou­sine und einen BMW-X5), die zum Betriebs­ver­mögen der GmbH gehören. Es ist arbeits­ver­trag­lich mit der GmbH geregelt, dass er die BMW-Limou­sine auch für private Fahrten nutzen kann. Hinsicht­lich des BMW-X5 ist ein Verbot der Privat­nut­zung verein­bart. Das bedeutet, dass eine Privat­nut­zung nach der 1%-Regelung nur für die BMW-Limou­sine anzusetzen ist, nicht aber für den BMW-X5.

Tipp: Nutzungs­verbot vertrag­lich regeln! Arbeit­geber und Arbeit­nehmer können einen Arbeits­ver­trag abschließen, der die Überlas­sung eines Firmen­wa­gens vorsieht. Wenn der Arbeit­geber die Privat­nut­zung verbietet, ist kein geldwerter Vorteil anzusetzen. Diese Verein­ba­rung muss durch entspre­chende Unter­lagen nachge­wiesen werden. Ein ausdrück­lich erklärter Verzicht des Arbeit­neh­mers gegen­über seinem Arbeit­geber, das Fahrzeug nicht für Privat­fahrten, Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätig­keits­stätte und für mehr als eine Famili­en­heim­fahrt pro Woche zu nutzen, ist entspre­chend zu behan­deln. D.h., es ist kein Nutzungs­vor­teil zu versteuern. Diese Verzichts­er­klä­rung muss der Arbeit­geber als Beleg zum Lohnkonto aufbe­wahren. Konse­quenz: Sollte ein GmbH-Gesell­schafter das Verbot der Privat­nut­zung missachten, versteuert er keine Privat­nut­zung.

In dieser Situa­tion muss es nach den Ausfüh­rungen des BFH hinge­nommen werden, dass der Ehrliche der Dumme sein kann. Das heißt: Ist ein privates Nutzungs­verbot verein­bart, darf das Finanzamt keine Privat­nut­zung unter­stellen. Eine unbefugte Privat­nut­zung hat keinen Lohncha­rakter.

Quelle: BMF-Schreiben | Veröf­fent­li­chung | IV C 5 - S 2334/21/10004 :001 | 02-03-2022