Reduziert der Arbeit­geber den Brutto­ar­beits­lohn seines Arbeit­neh­mers und gewährt er ihm statt­dessen Tankgut­scheine und/​oder ein Entgelt für die Vermie­tung von Werbe­flä­chen auf seinem privaten PKW, sind diese Leistungen beitrags­pflichtig in der gesetz­li­chen Sozial­ver­si­che­rung, weil es sich um eine sogenannte Gehalts­um­wand­lung (= Netto­lohn­op­ti­mie­rung) handelt. Die Einnahmen werden also nicht zusätz­lich, sondern als Ersatz für einen Teil des bishe­rigen Brutto­ar­beits­lohns gezahlt. Damit hat das BSG mehr Klarheit bei der Beurtei­lung von sozial­ver­si­che­rungs­recht­li­chem Arbeits­ent­gelt geschaffen.

Urteils­fall des Bundes­so­zi­al­ge­richts:
Ein Arbeit­geber hatte mit seiner Beleg­schaft verein­bart, dass sie auf einen Teil ihres Lohns verzichten. Statt­dessen erhielten die Mitar­beiter Tankgut­scheine. Außerdem zahlte der Arbeit­geber seinen Arbeit­neh­mern Miete für Werbe­flä­chen auf deren privaten PKW. Laut BSG werden beide geldwerten Vorteile im Zusam­men­hang mit dem Arbeits­ver­hältnis gewährt und zählen somit zum sozial­ver­si­che­rungs­pflich­tigen Arbeits­ent­gelt. Als Arbeits­ent­gelt sind alle laufenden oder einma­ligen Einnahmen aus einer Beschäf­ti­gung beitrags­pflichtig. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Rechts­an­spruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeich­nung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmit­telbar aus der Beschäf­ti­gung oder im Zusam­men­hang mit ihr erzielt werden.

Fazit:

  • Tankgut­scheine und Werbe­ein­nahmen, die anstelle eines Lohnver­zichts gewährt werden, sind beitrags­pflichtig.
  • Die Beitrags­frei­heit gilt somit nur für Arbeit­ge­ber­leis­tungen, die zusätz­lich gezahlt werden.

Bei Tankgut­scheinen gilt außerdem, dass die Grenze von 44 € im Monat seit dem 1.1.2020 nur noch steuer­frei ist, wenn die zusätz­li­chen Sachleis­tungen zusätz­lich zum ohnehin geschul­deten Arbeits­lohn gewährt werden. Eine Beitrags­be­freiung ist somit nur für Arbeit­ge­ber­leis­tungen möglich, die zusätz­lich zu den bishe­rigen Löhnen oder Gehäl­tern gewährt werden. Im Urteils­fall hatte der Arbeit­geber die Tankgut­scheine und die Werbe­flä­chen­miete aber als Ersatz für einen entspre­chenden Lohnver­zicht gewährt.

Das Modell der „Gehalts­um­wand­lung“ wurde vielfach von nicht tarif­ge­bun­denen Arbeit­ge­bern genutzt, um die Steuer- und Beitrags­last zu reduzieren. Dieses Modell ist ohnehin kritisch zu sehen, weil die Reduzie­rung der Bemes­sungs­grund­lage für Steuern und Sozial­ab­gaben bei den Mitar­bei­tern zwar zu einem höheren Netto­ent­gelt führen, aber gleich­zeitig die Leistungs­an­sprüche und Anwart­schaften der Arbeit­nehmer mindern. Daraus können sich ein gerin­geres Kranken- und Mutter­schafts­geld oder niedri­gere Renten­an­sprüche ergeben, weil diese Leistungen werden auf Grund­lage des vermin­derten Brutto­ent­gelts berechnet werden.

Quelle: Sonstige | Urteil | Bundes­so­zi­al­ge­richts (BSG) | 15-07-2021