Die Kosten für einen Prozess zur Erlan­gung nachehe­li­chen Unter­halts sind jeden­falls dann nicht als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen abzugs­fähig, wenn die unter­halts­be­rech­tigte Person eigene Einkünfte oberhalb des Existenz­mi­ni­mums erzielt.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin und ihr damaliger Ehemann haben sich getrennt, woraufhin der Ehemann einen Schei­dungs­an­trag beim Amtsge­richt stellte. Nach der Trennung zahlte der Ehemann Unter­halt für die bei der Klägerin lebenden gemein­samen Kinder sowie Trennungs­un­ter­halt für die Klägerin. Den Zugewinn­aus­gleich regelten die Eheleute dahin­ge­hend einver­nehm­lich, dass die Klägerin ein vermie­tetes Grund­stück sowie eine Ausgleichs­zah­lung erhielt. Daraufhin erwarb sie ein weiteres Mehrfa­mi­li­en­haus, aus dem sie Vermie­tungs­ein­künfte erzielte. Ferner war sie in Teilzeit in ihrem erlernten Beruf tätig, wobei die Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisse zunächst befristet waren.

Nachdem eine einver­nehm­liche Regelung über den nachehe­li­chen Unter­halt nicht getroffen werden konnte, klagte die Klägerin diesen im laufenden Schei­dungs­ver­fahren in Höhe von ca. 1.500 € monat­lich ein. Ihr Ehemann war der Ansicht, keinen nachehe­li­chen Unter­halt zahlen zu müssen. Das Amtsge­richt schied die Ehe, nahm einen Versor­gungs­aus­gleich vor und sprach der Klägerin nachehe­li­chen Aufsto­ckungs­un­ter­halt in Höhe von knapp 600 € zeitlich befristet zu. Im Beschwer­de­ver­fahren vor dem Oberlan­des­ge­richt schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der nachehe­liche Unter­halt auf 900 € mit einer längeren Befris­tung belief. Die Kosten wurden gegen­ein­ander aufge­hoben.

Das Finanzamt lehnte die zunächst von der Klägerin als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen geltend gemachten gesamten Kosten des Schei­dungs­pro­zesses ab. Im Rahmen des Klage­ver­fah­rens begrenzte die Klägerin ihren Antrag auf die auf den Unter­halt entfal­lenden Prozess­kosten. Im ersten Rechts­gang gab der 1. Senat des Finanz­ge­richts Münster der Klage mit Urteil vom 9.12.2020 statt, weil er die Kosten als Werbungs­kosten der Klägerin, die die Unter­halts­leis­tungen im Rahmen des sog. Realsplit­tings nach § 22 Nr. 1a EStG versteu­erte, ansah. Dem folgte der BFH nicht, hob das Urteil auf und verwies die Sache zur Prüfung, ob außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen vorliegen, an das Finanz­ge­richt Münster zurück.

Das Finanz­ge­richts Münster hat die Klage im zweiten Rechts­gang abgewiesen. Die Voraus­set­zungen für die Berück­sich­ti­gung der Kosten als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen liegen nicht vor, weil die Regelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht eingreift, wonach Prozess­kosten nur ausnahms­weise abzugs­fähig sind, wenn ohne den geführten Prozess die Gefahr des Verlusts der Existenz­grund­lage bestanden hätte. Für die Beurtei­lung der Existenz­ge­fähr­dung ist das sozial­hil­fe­recht­liche Existenz­mi­nimum maßgeb­lich. 

Bei der Prüfung ist das frei verfüg­bare Einkommen der Klägerin zu berück­sich­tigen. Dieses hat zum maßgeb­li­chen Zeitpunkt der Antrag­stel­lung deutlich über dem Existenz­mi­nimum gelegen. Dabei ist die Arbeits­kraft der Klägerin einzu­be­ziehen, obwohl sie ledig­lich über befris­tete Arbeits­stellen verfügt hat, denn es sei ihr aufgrund ihrer hohen Quali­fi­ka­tion und ihrer Berufs­er­fah­rung gelungen, nahtlos eine neue Anstel­lung zu finden. Vor diesem Hinter­grund hat das Finanz­ge­richt letzt­lich offen­ge­lassen, ob auch die Mietob­jekte, die als Kapital­an­lagen der Klägerin anzusehen sind, ebenfalls zur Existenz­grund­lage zählen.

Quelle:Finanzgerichte | Urteil | FG Münster, 1 K 494/18 E | 17-09-2024