Zu den Herstel­lungs­kosten eines Gebäudes zählen auch Aufwen­dungen für Instand­set­zungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen, die inner­halb von drei Jahren nach der Anschaf­fung eines Gebäudes durch­ge­führt werden, wenn die Aufwen­dungen ohne die Umsatz­steuer 15% der Anschaf­fungs­kosten des Gebäudes übersteigen (= anschaf­fungs­nahe Herstel­lungs­kosten).

Praxis-Beispiel:
Eine Gesell­schaft bürger­li­chen Rechts (GbR) erwarb eine denkmal­ge­schützte Immobilie mit 4 Wohnein­heiten für 1.200.000 €. Inner­halb von 3 Jahren nach dem Kauf renovierte die GbR das Objekt für insge­samt rund 615.000 €. Vor und nach der Renovie­rung nutzte die GbR die Immobilie ausschließ­lich zur Vermie­tung für Wohnzwecke. Um die Renovie­rungs­ar­beiten besser durch­führen zu können, zahlte die GbR den vorhe­rigen Mietern für die vorzei­tige Räumung ihrer Wohnungen insge­samt einen Betrag in Höhe von 35.000 €. Mit den Mietern wäre die Renovie­rung umständ­li­cher, aber technisch möglich gewesen. Die entspre­chenden Aufwen­dungen machte die GbR als sofort abzugs­fä­hige Werbungs­kosten geltend.

Das Finanzamt quali­fi­zierte die gezahlten Mieter­ab­fin­dungen als Herstel­lungs­kosten des Gebäudes und nicht als sofort abzugs­fä­hige Werbungs­kosten. Die Abstands­zah­lungen seien einzig aufgrund einer geplanten Kernsa­nie­rung des Objektes geleistet worden. Deshalb würden die Abfin­dungen in einem sachli­chen Zusam­men­hang mit den Baumaß­nahmen stehen. Bei den Renovie­rungs­ar­beiten handle es sich um anschaf­fungs­nahe Herstel­lungs­kosten, weil inner­halb von 3 Jahren nach dem Erwerb die 15%-Grenze überschritten wurde. Da die Mieter­ab­fin­dungen mit den Renovie­rungs­kosten in einem engen wirtschaft­li­chen Zusam­men­hang stehen, teilen sie deren Schicksal. Die GbR beantragte den sofor­tigen Abzug der Mieter­ab­fin­dungen als Werbungs­kosten.

Auch bei den Einkünften aus Vermie­tung und Verpach­tung richtet sich die Zuord­nung von Aufwen­dungen nach dem handels­recht­li­chen Begriff der Herstel­lungs­kosten. Danach sind Herstel­lungs­kosten Aufwen­dungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruch­nahme von Diensten für die Herstel­lung eines Vermö­gens­ge­gen­standes, seine Erwei­te­rung oder für eine über seinen ursprüng­li­chen Zustand hinaus­ge­hende wesent­liche Verbes­se­rung entstehen. Zu den Herstel­lungs­kosten eines Gebäudes zählen darüber hinaus auch Aufwen­dungen für Instand­set­zungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen, die inner­halb von drei Jahren nach der Anschaf­fung des Gebäudes durch­ge­führt werden, wenn die Aufwen­dungen ohne Umsatz­steuer 15% der Anschaf­fungs­kosten des Gebäudes übersteigen (= anschaf­fungs­nahe Herstel­lungs­kosten).

Zu den Aufwen­dungen in diesem Sinne zählen insbe­son­dere Aufwen­dungen für die Instand­set­zung oder Erneue­rung vorhan­dener Sanitär-, Elektro- und Heizungs­an­lagen, der Fußbo­den­be­läge, der Fenster und der Dachein­de­ckung sowie sog. Schön­heits­re­pa­ra­turen, die vom Grund­satz her sofort abzieh­bare Erhal­tungs­auf­wen­dungen sind. Das Finanz­ge­richt vertritt hier die Auffas­sung, dass nicht nur die Kosten der bauli­chen Maßnahme im engeren Sinne als Aufwen­dungen für Instand­set­zungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen anzusehen sind, sondern auch die damit in einem engen wirtschaft­li­chen Zusam­men­hang stehenden sonstigen Aufwen­dungen, die durch die Durch­füh­rung der Maßnahme veran­lasst sind und dieser dienen sollen, wie z. B. die Aufwen­dungen, die eine Baumaß­nahme vorbe­reiten sollen. Dazu können neben Aufwen­dungen für die Planung der jewei­ligen Baumaß­nahme auch die Kosten zählen, die für die Abfin­dung von Mietern aufge­wendet werden. Entschei­dend ist der jewei­lige Veran­las­sungs­zu­sam­men­hang der Kosten. Soweit sonstige Kosten aufge­wendet werden, um eine Instand­set­zungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nahme erst durch­zu­führen zu können, sind diese daher den anschaf­fungs­nahen Herstel­lungs­kosten zuzuordnen.

Hinweis: Das Finanz­ge­richt hat die Revision zugelassen, weil die Frage, ob Abfin­dungs­zah­lungen an Mieter zu den anschaf­fungs­nahen Herstel­lungs­kosten gehören können, grund­sätz­liche Bedeu­tung zukommt.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Münster, 4 K 1941/20 F | 11-11-2021