Kosten einer Leihmut­ter­schaft sind nicht als außer­ge­wöhn­liche Belas­tung abziehbar.

Praxis-Beispiel:
Zwei mitein­ander verhei­ra­tete Männer (Kläger) machten in ihrer Einkom­men­steu­er­erklä­rung Aufwen­dungen in Höhe von insge­samt 12.942,84 € als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen im Zusam­men­hang mit einer Leihmut­ter­schaft geltend. Das Leihmut­ter­schafts­ver­hältnis wurde in den USA (Kalifor­nien) begründet. Die Leihmutter war eine dort lebende Frau, die bereits zwei eigene Kinder hatte. Die Schwan­ger­schaft der Leihmutter wurde durch eine künst­liche Befruch­tung herbei­ge­führt. Die Samen­zellen stammten von einem der Kläger. Aufgrund der künst­li­chen Befruch­tung trug die Leihmutter ein Kind aus, welches seitdem bei den Klägern als Eltern in Deutsch­land lebt. Das Finanzamt lehnte es ab, die Aufwen­dungen im Zusam­men­hang mit der Leihmut­ter­schaft als außer­ge­wöhn­liche Belas­tung anzuer­kennen, weil die Behand­lung einer Leihmut­ter­schaft nach dem Embryo­nen­schutz­ge­setz in Deutsch­land verboten ist.

Die Kläger machten geltend, dass eine Krank­heit im Sinne der BFH-Recht­spre­chung vorliege. Die maßge­bende Erkran­kung sei die ungewollte Kinder­lo­sig­keit der Kläger, die sich aus der biolo­gi­schen Sachge­setz­lich­keit der männlich gleich­ge­schlecht­li­chen Bezie­hung ergebe. Die ungewollte Kinder­lo­sig­keit sei als Krank­heit anerkannt. Zum Krank­heits­cha­rakter der ungewollten Kinder­lo­sig­keit gehöre in allen Fällen gleicher­maßen, dass sie für die Betrof­fenen stets den Verlust eines Lebens­planes und eines erwünschten Lebens­ziels darstelle.

Krank­heits­kosten, die dem Steuer­pflich­tigen aus tatsäch­li­chen Gründen zwangs­läufig erwachsen, sind als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen abziehbar. Aller­dings werden nur solche Aufwen­dungen als Krank­heits­kosten berück­sich­tigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krank­heit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krank­heit erträg­lich zu machen. Es wird jedoch nicht danach unter­schieden, ob ärztliche Behand­lungs­maß­nahmen oder medizi­nisch erfor­der­liche Hilfs­mittel der Heilung dienen oder ledig­lich einen körper­li­chen Mangel ausglei­chen sollen. Deshalb werden regel­mäßig auch Aufwen­dungen als außer­ge­wöhn­liche Belas­tung berück­sich­tigt, obwohl der körper­liche Mangel durch die betref­fende Maßnahme nicht behoben, sondern nur umgangen oder kompen­siert wird.

Aufwen­dungen für eine künst­liche Befruch­tung, die aufgrund der Empfäng­nis­un­fä­hig­keit einer Frau oder der Zeugungs­un­fä­hig­keit eines Mannes vorge­nommen wird, werden als Krank­heits­kosten und damit als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen anerkannt. Das gilt unabhängig vom Famili­en­stand. Erfor­der­lich ist, dass die künst­liche Befruch­tung in Überein­stim­mung mit dem inner­staat­li­chen Recht sowie mit den Richt­li­nien der Berufs­ord­nungen für Ärzte vorge­nommen wird.

Aufwen­dungen für eine „künst­liche Befruch­tung“ können nicht in gleicher Weise bei der Kinder­lo­sig­keit einer eheli­chen Lebens­ge­mein­schaft zweier Männer als außer­ge­wöhn­liche Belas­tung abgezogen werden. Voraus­set­zung für die Abzugs­fä­hig­keit von Aufwen­dungen als außer­ge­wöhn­liche Belas­tung ist nach der Recht­spre­chung des BFH, dass die Behand­lung in Überein­stim­mung mit dem inner­staat­li­chen Recht vorge­nommen wird. Eine nach natio­nalem Recht verbo­tene Behand­lung kann somit keinen zwangs­läu­figen Aufwand begründen. Vielmehr ist von den Steuer­pflich­tigen zu erwarten, dass sie gesetz­liche Verbote beachten. Aufwen­dungen für verbo­tene Behand­lungs­maß­nahmen sind selbst dann nicht zwangs­läufig, wenn sie nicht straf- oder bußgeld­be­wehrt sind oder wegen eines Straf­aus­schlie­ßungs­grundes nicht geahndet werden. Die Kosten einer Leihmut­ter­schaft sind daher nicht als außer­ge­wöhn­liche Belas­tung abziehbar.

Das Finanz­ge­richt hat die Revision zugelassen, weil die Rechts­sache von grund­sätz­li­cher Bedeu­tung ist. Ob tatsäch­lich Revision einge­legt wurde, ist zurzeit nicht erkennbar.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Münster, 10 K 3172/19 E | 06-10-2021