Die Veräu­ße­rung der Hofstelle eines verpach­teten land- und forst­wirt­schaft­li­chen Betriebs führt nicht zwangs­läufig zur Aufgabe des Betriebs.

Praxis-Beispiel:
Die verstor­bene Mutter hatte im Jahr 1973 nach dem Tod ihres Ehemanns die landwirt­schaft­lich genutzten Flächen nachein­ander an verschie­dene Pächter jeweils im Ganzen verpachtet. Die Hofstelle veräu­ßerte sie 1975. Seit dem Jahr 1976 erfasste sie die Pacht­ein­nahmen bei den Einkünften aus Vermie­tung und Verpach­tung. Ihre drei Kinder haben nach ihrem Tod im Wege der Gesamt­rechts­nach­folge als Erben­ge­mein­schaft die verpach­teten landwirt­schaft­li­chen Flächen erworben. Die Erben­ge­mein­schaft erklärte ebenfalls Einkünfte aus Vermie­tung und Verpach­tung. Das Finanzamt ging demge­gen­über von Einkünften aus Land- und Forst­wirt­schaft aus. Das Finanz­ge­richt war der Ansicht, dass der von der Mutter geführte land- und forst­wirt­schaft­liche Betrieb mit dem Verkauf der Hofstelle im Wirtschafts­jahr 1974/1975 zwangs­weise aufge­geben worden sei.

Nach ständiger Recht­spre­chung hat der Steuer­pflich­tige im Fall der Verpach­tung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebs­auf­gabe behan­deln und damit die Wirtschafts­güter seines Betriebs unter Auflö­sung der stillen Reserven in sein Privat­ver­mögen überführen oder das Betriebs­ver­mögen während der Verpach­tung fortführen und daraus betrieb­liche Einkünfte erzielen will. Der BFH hat entschieden, dass ein land- und forst­wirt­schaft­li­cher Verpach­tungs­be­trieb mit dem Verkauf der Hofstelle nicht zwangs­weise aufge­geben wird. Es gab schon immer land- und forst­wirt­schaft­liche Betriebe ohne Hofstelle, insbe­son­dere bei der Bewirt­schaf­tung von Stück­län­de­reien. Konse­quenz ist, dass durch den Verkauf der Hofstelle das Wahlrecht des Verpäch­ters nicht entfällt.

Das Wahlrecht entfällt nur, wenn anläss­lich oder während der Verpach­tung die wesent­li­chen Betriebs­grund­lagen des landwirt­schaft­li­chen Betriebs so umgestaltet werden, dass sie nicht mehr in der bishe­rigen Form genutzt werden können. Denn die identi­täts­wah­rende Fortfüh­rung des landwirt­schaft­li­chen Betriebs ist an den Fortbe­stand der verpach­teten wesent­li­chen Betriebs­grund­lagen gebunden. Ob eine Hofstelle vorhanden ist, spielt in diesem Zusam­men­hang keine Rolle.

Solange der Verpächter keine eindeu­tige Erklä­rung der Betriebs­auf­gabe abgibt, ist er daher grund­sätz­lich frei, den Verpach­tungs­be­trieb zu Beginn oder während der Verpach­tung in einem Umfang umzustruk­tu­rieren, der einer Wieder­auf­nahme der Eigen­be­wirt­schaf­tung, wenn auch in abgewan­delter Form, nicht entge­gen­steht.

Quelle: BFH | Urteil | VI R 17/19 | 10-02-2021