Mitglieder einer gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung können zusätz­liche Beiträge zu privaten Kranken­ver­si­che­rungen, die die Lücke zwischen der Kosten­er­stat­tung und den höheren Privat­li­qui­da­tionen der Leistungs­er­bringer im Gesund­heits­wesen schließen sollen, der Höhe nach nicht unbeschränkt abziehen. Das gilt auch im Falle freiwil­liger gesetz­li­cher Kranken­ver­si­che­rung.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger sind Eheleute, die zusam­men­ver­an­lagt werden. Der Kläger bezog in den Streit­jahren Arbeits­lohn. Er ist freiwillig in der gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung versi­chert. Die Klägerin und die beiden gemein­samen volljäh­rigen Kinder sind als Famili­en­an­ge­hö­rige beitrags­frei in der gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung mitver­si­chert. Die Kläger haben für sich und ihre Kinder Verträge über eine Zusatz­kran­ken­ver­si­che­rung bei einer privaten Kranken­ver­si­che­rung abgeschlossen. Das Finanzamt berück­sich­tigte in den angefoch­tenen Einkom­men­steu­er­be­scheiden nur die Beiträge zur gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Die Beiträge zu den privaten Kranken­ver­si­che­rungen ordnete das Finanzamt unter § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG ein. Da der Höchst­be­trag aber schon durch die Beiträge zur gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung überschritten war, ergab sich für die Beiträge zu den privaten Zusatz­kran­ken­ver­si­che­rungen kein weiterer Sonder­aus­ga­ben­abzug.

Die Kläger sind der Auffas­sung, dass die Beiträge zu den privaten Zusatz­kran­ken­ver­si­che­rungen in vollem Umfang abziehbar seien. Die privaten Zusatz­kran­ken­ver­si­che­rungen seien für Mitglieder der gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung die einzige Möglich­keit, auf dasselbe Versor­gungs­ni­veau zu kommen wie Versi­cherte im Basis­tarif der privaten Kranken­ver­si­che­rungen. Versi­cherte im Basis­tarif der privaten Kranken­ver­si­che­rungen seien besser abgesi­chert als Mitglieder der gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rungen. Daher müsse hierfür Niveau maßge­bend sein, das sich aus dem Basis­tarif der privaten Kranken­ver­si­che­rungen ergebe. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. 

Der BFH hat entschieden, dass die Annahme der Kläger, dass die gesetz­liche Kranken­ver­si­che­rung das sozial­hil­fe­gleiche Versor­gungs­ni­veau nicht erreicht, falsch ist. Nach § 32 Abs. 2 des Zwölften Buchs des Sozial­ge­setz­buchs ist gerade die gesetz­liche Kranken­ver­si­che­rung sozial­hil­fe­recht­li­cher Standard. Die steuer­liche Abzieh­bar­keit der Beiträge kann sich daher nur nach dem Mindest­auf­wand des Steuer­pflich­tigen in dem jewei­ligen Versi­che­rungs­system richten und muss sich deshalb an den jewei­ligen Regeln zur Beitrags­be­mes­sung orien­tieren.

Die Beschwerde ist unbegründet, weil es objektiv an der Klärungs­be­dürf­tig­keit der Rechts­frage, die der Senat dem Beschwer­de­vor­bringen im Wege der Ausle­gung entnommen hat, fehlt. Dies ist insbe­son­dere dann der Fall, wenn die Rechts­frage offen­sicht­lich so zu beant­worten ist, wie es das Finanz­ge­richt auf Grund­lage der bereits vorhan­denen höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung getan hat. Somit ist die Rechts­lage eindeutig. Beiträge zur doppelten Absiche­rung des verfas­sungs­recht­lich gebotenen Versor­gungs­ni­veaus sind objektiv nicht erfor­der­lich, da die Basis­ver­sor­gung bereits durch die gesetz­liche Kranken­ver­si­che­rung gewähr­leistet ist.

Quelle: BFH | Beschluss | X B 104/23 | 16-07-2024