Ein Kind, das das 18. aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, kann während eines Hochschulstudiums kindergeldrechtlich berücksichtigt werden. Ein Hochschulstudium beginnt mit der erstmaligen Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen. Beendet ist das Hochschulstudium grundsätzlich dann, wenn das Kind die erforderliche Prüfungsleistung erfolgreich erfüllt hat und ihm sämtliche Prüfungsergebnisse in schriftlicher Form zugänglich gemacht wurden.
Praxis-Beispiel:
Die Tochter war ab März 2015 an einer Hochschule im Masterstudiengang "Management" eingeschrieben. Die Hochschule hatte ihr zunächst den erfolgreichen Abschluss mündlich mitgeteilt. Den Abschluss und die Abschlussnoten stellt die Hochschule Ende Oktober 2016 online. Die Zeugnisse holte die Tochter Ende November 2016 persönlich im Prüfungsamt ab. Im März 2017 bewarb sie sich für ein weiteres Bachelorstudium im Fach Politikwissenschaft, das sie im April 2017 aufnahm. Die Familienkasse gewährte wegen des Masterstudiums bis einschließlich Oktober 2016 Kindergeld und wegen des Bachelorstudiums ab April 2017. Für März 2016 wurde die Tochter nicht wegen einer Ausbildung, sondern nur wegen ihrer Bewerbung für einen Studienplatz kindergeldrechtlich berücksichtigt. Für den Zeitraum November 2016 bis Februar 2017 lehnte die Familienkasse und nachfolgend auch das Finanzgericht eine Kindergeldfestsetzung ab.
Der BFH hat entschieden, dass es für die Frage, wann ein Hochschulstudium beendet ist, regelmäßig nicht auf den Zeitpunkt ankommt, in dem die Prüfungsergebnisse mündlich mitgeteilt werden. Die mündliche Mitteilung ermöglicht es dem Kind regelmäßig noch nicht, sich für den angestrebten Beruf erfolgreich zu bewerben. Auch die Aushändigung des Zeugnisses oder die Exmatrikulation eignen sich kaum, das Ende eines Studiums festzulegen, weil dies häufig von entsprechenden Anträgen des Studierenden abhängig ist.
Maßgebend ist vielmehr, dass das Kind die letzte nach der einschlägigen Prüfungsordnung erforderliche Prüfungsleistung erfolgreich erbracht hat. Zudem muss das Kind eine schriftliche Bestätigung über sämtliche Prüfungsergebnisse entweder von der Hochschule zugesandt bekommen haben oder jedenfalls objektiv in der Lage gewesen sein, sich eine solche schriftliche Bestätigung über ein Online-Portal der Hochschule erstellen zu können. Entscheidend ist dann, welches Ereignis früher eingetreten ist. Im Urteilsfall war somit ausschlaggebend, dass die Hochschule die Abschlussnoten Ende Oktober 2016 online gestellt hatte.
Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten werden kindergeldrechtlich berücksichtigt, wenn sie maximal vier Kalendermonate umfassen. Im Urteilsfall ging der BFH davon aus, dass das Masterstudium im Oktober 2016 endete. Das weitere Bachelorstudium begann noch nicht mit der im März 2017 erfolgten Bewerbung, sondern erst mit Beginn der tatsächlichen Ausbildungsmaßnahmen im April 2017. Der Masterstudiengang "Management" endete im Oktober 2016. Das Bachelorstudium im Fach Politikwissenschaft begann erst im April 2017. Somit umfasste die Zeit zwischen den Ausbildungsabschnitten die vollen Monate November 2016 bis März 2017 und damit nicht maximal vier, sondern fünf Kalendermonate. Das Finanzgericht ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass keine Übergangszeit vorlag.
Soweit das Kind sich bereits im März 2017 für das Bachelorstudium im Fach Politikwissenschaft beworben hatte, wurde dies von der Familienkasse zutreffend als Erfüllung des Berücksichtigungstatbestands gewertet. Als Anknüpfungspunkt für eine Übergangszeit eignet sich die Bewerbung aber nicht.