Leben nicht mitein­ander verhei­ra­tete Eltern zusammen mit ihrem minder­jäh­rigen Kind in einem gemein­samen Haushalt, kann davon ausge­gangen werden, dass jeder Eltern­teil seiner Unter­halts­pflicht im Wesent­li­chen nachkommt. Deshalb können die kindbe­dingten Freibe­träge selbst dann nicht auf einen Eltern­teil übertragen werden, wenn die Eltern dies gemeinsam beantragen.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin ist die Mutter eines im März 1998 geborenen Sohnes und einer im April 2001 geborenen Tochter. Sie lebte mit dem Vater der beiden Kinder in einer nicht­ehe­li­chen Lebens­ge­mein­schaft in einem gemein­samen Haushalt. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nicht­selb­stän­diger Arbeit sowie aus Vermie­tung und Verpach­tung. Vom Kindes­vater wurde der Einkom­men­steu­er­be­scheid vorge­legt, aus dem sich aufgrund negativer Einkünfte aus Gewer­be­be­trieb und Einkünften aus nicht­selb­stän­diger Arbeit ein negativer Gesamt­be­trag der Einkünfte ergab.

Dennoch berück­sich­tigte das Finanzamt in den Einkom­men­steu­er­be­scheiden nur jeweils die auf die Klägerin entfal­lenden Kinder­frei­be­träge und Freibe­träge für den Betreu­ungs- und Erzie­hungs- oder Ausbil­dungs­be­darf. Gegen die Bescheide erhob die Klägerin Einspruch und beantragte, dass die kindbe­dingten Freibe­träge vom Vater der Kinder auf sie übertragen werden. Das Finanzamt lehnte dies ab.

Bei der Veran­la­gung zur Einkom­men­steuer wird für jedes zu berück­sich­ti­gende Kind des Steuer­pflich­tigen ein Freibe­trag für das sächliche Existenz­mi­nimum des Kindes (Kinder­frei­be­trag) sowie ein Freibe­trag für den Betreu­ungs- und Erzie­hungs- oder Ausbil­dungs­be­darf vom Einkommen abgezogen. Abwei­chend hiervon wird bei einem unbeschränkt einkom­men­steu­er­pflich­tigen Eltern­paar, bei dem die Voraus­set­zungen der Ehegat­ten­be­steue­rung nicht vorliegen, auf Antrag eines Eltern­teils, der dem anderen Eltern­teil zuste­hende Kinder­frei­be­trag übertragen, wenn nur er seiner Unter­halts­pflicht gegen­über dem Kind im Wesent­li­chen nachkommt oder der andere Eltern­teil mangels Leistungs­fä­hig­keit nicht unter­halts­pflichtig ist.

Die Eltern haben somit kein Wahlrecht, die kindbe­dingten Freibe­träge von einem Eltern­teil auf den anderen zu übertragen. Der BFH hat entschieden, dass der Kindes­vater seiner Unter­halts­ver­pflich­tung durch Übernahme der Pflege und Erzie­hung der Kinder in vollem Umfang nachge­kommen ist. Selbst wenn der Kindes­vater in materi­eller Hinsicht nicht unter­halts­pflichtig gewesen sein sollte, hat er gegen­über den Kindern seinen Betreu­ungs­un­ter­halt geleistet. Betreu­ungs­un­ter­halt und Barun­ter­halt sind gleich­wertig, sodass der Kindes­vater seiner Unter­halts­ver­pflich­tung durch Übernahme der Pflege und Erzie­hung der Kinder in vollem Umfang nachge­kommen ist. Eine Übertra­gung der kindbe­dingten Freibe­träge scheidet somit aus.

Quelle: BFH | Urteil | III R 24/20 | 14-12-2021