Leistungen einer Gutachterin, die im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt, sind nach deutschem Recht nicht von der Umsatzsteuer befreit. Eine Steuerbefreiung nach EU-Recht scheidet ebenfalls aus.
Praxis-Beispiel:
Eine ausgebildete Krankenschwester mit medizinischer Grundausbildung und akademischer Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft sowie einer Weiterbildung in Qualitätsmanagement im Bereich der Pflege, erstellte für den MDK Niedersachsen Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Der MDK rechnete die Leistungen monatlich ihr gegenüber ab, wobei der MDK keine Umsatzsteuer auswies. Die Umsätze aus der Gutachtertätigkeit erklärte die Krankenschwester als steuerfrei, nahm jedoch den Vorsteuerabzug aus allen Eingangsleistungen ungekürzt in Anspruch. Das Finanzamt war allerdings der Auffassung, dass die Gutachtertätigkeit weder nach nationalem noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei sei. Es unterwarf deshalb die Umsätze der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt.
Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf. Nach seiner Auffassung handelt es sich bei den Leistungen, die die Krankenschwester im Rahmen der Gutachtertätigkeit erbrachte, zwar um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem). Dabei schadet es nicht, dass die Klägerin ihre Leistungen nicht an den jeweiligen Hilfsbedürftigen, sondern an den MDK erbracht hat.
Allerdings scheitert das Berufen auf die Steuerbefreiung nach EU-Recht daran, dass die Krankenschwester nicht von der Bundesrepublik Deutschland als „Einrichtung mit sozialem Charakter“ anerkannt ist. Eine solche Anerkennung ist aber Voraussetzung für die EU-rechtliche Steuerbefreiung. Die EU-rechtliche Steuerbefreiung kann nicht aus der nur mittelbaren Kostenerstattung über den MDK abgeleitet werden.