Eine Körper­schaft verfolgt steuer­be­güns­tigte Zwecke, wenn sie ausschließ­lich und unmit­telbar gemein­nüt­zige, mildtä­tige oder kirch­liche Zwecke selbstlos fördert. Eine Förde­rung oder Unter­stüt­zung geschieht, wenn dadurch nicht in erster Linie eigen­wirt­schaft­liche Zwecke verfolgt werden. Die Satzungs­zwecke und die Art ihrer Verwirk­li­chung müssen so genau bestimmt sein, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungs­mä­ßigen Voraus­set­zungen für Steuer­ver­güns­ti­gungen gegeben sind. Eine steuer­lich ausrei­chende Vermö­gens­bin­dung liegt vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflö­sung oder Aufhe­bung der Körper­schaft oder bei Wegfall ihres bishe­rigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwen­dungs­zweck steuer­be­güns­tigt ist. 

Praxis-Beispiel:
Eine 1995 errich­tete GmbH (= Klägerin), deren Gegen­stand die gemein­de­psych­ia­tri­sche Versor­gung ist, hat ihren Gesell­schafts­ver­trag in 2012 im Hinblick auf die Regelung zum Selbst­kon­tra­hieren der Geschäfts­führer geändert. Im August 2014 teilte das Finanzamt der Klägerin mit, dass der Gesell­schafts­ver­trag von 2012 nicht den gesetz­li­chen Voraus­set­zungen entspreche und bat sie, die gemein­nüt­zigen Zwecke (wörtlich) zu benennen. In 2015 beschlossen die Gesell­schafter eine „Neufas­sung der Satzung“, die 2015 in das Handels­re­gister einge­tragen wurde. Die Satzung enthielt zwar Regelungen zur Vermö­gens­bin­dung im Fall der Auflö­sung, nicht aber bei einem Zweck­weg­fall. Das Finanzamt beanstan­dete den Gesell­schafts­ver­trag und schlug vor, die Zwecke "Förde­rung des öffent­li­chen Gesund­heits­we­sens und der öffent­li­chen Gesund­heits­pflege" sowie "Förde­rung mildtä­tiger Zwecke" aufzu­nehmen. Zudem schlug es (erstmals) vor, auch die Regelung zur Auflö­sung der Gesell­schaft an die Muster­sat­zung anzupassen. Mit Bescheid vom 9.12.2016 lehnte das Finanzamt die Feststel­lung der Einhal­tung der satzungs­mä­ßigen Voraus­set­zungen nach § 60a Abs. 1 AO ab, weil die Klägerin mit ihrer "Satzung in der Fassung von 2015" die satzungs­mä­ßigen Voraus­set­zungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO nicht erfülle.

Eine steuer­lich ausrei­chende Vermö­gens­bin­dung liegt vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflö­sung oder Aufhe­bung der Körper­schaft oder bei Wegfall ihres bishe­rigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung genau bestimmt ist. Es muss aufgrund der Satzung geprüft werden können, ob der Verwen­dungs­zweck steuer­be­güns­tigt ist. Wird in der Satzung der Wegfall des bishe­rigen Zwecks als Voraus­set­zung des Vermö­gens­an­falls überhaupt nicht erwähnt, ist eine Ausle­gung der Satzung insoweit nicht möglich. Eine Satzung genügt nur dann dem Grund­satz der satzungs­mä­ßigen Vermö­gens­bin­dung, wenn sie auch eine ausdrück­liche Regelung für den Wegfall des bishe­rigen Zwecks der Körper­schaft enthält.

Quelle: BFH | Urteil | V R 11/20 | 25-08-2021