Der Bundes­fi­nanzhof hat entschieden, dass die Fahrt­kosten eines nicht erwerbs­tä­tigen Teilzeit­stu­denten zwischen seiner Wohnung und seinem Studi­enort in vollem Umfang als abzugs­fä­hige Werbungs­kosten anerkannt werden. Sie sind nicht auf die Entfer­nungs­pau­schale beschränkt. 

Praxis-Beispiel:
Die Kläger sind zusammen veran­lagte Eheleute. Während des Jahres 2017 übte der Kläger keine Erwerbs­tä­tig­keit aus. Nachdem er bereits im Jahr 2008 ein Studium an der Fernuni­ver­sität in Hagen erfolg­reich abgeschlossen hatte, belegte er dort einen weiteren Studi­en­gang. Ausweis­lich der Studi­en­be­schei­ni­gungen war er während des Jahres als "Teilzeit­stu­dent" einge­schrieben. Daneben stand der Kläger nicht in einem Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis.

Nach § 9 Abs 4 Satz 8 EStG gilt eine Bildungs­ein­rich­tung dann als erste Tätig­keits­stätte, wenn sie außer­halb eines Dienst­ver­hält­nisses im Rahmen eines Vollzeit­stu­diums oder einer vollzei­tigen Bildungs­maß­nahme aufge­sucht wird. Ist das Studium nach der jewei­ligen Studi­en­ord­nung hingegen darauf ausge­richtet, dass der Studie­rende für die Erbrin­gung der vorge­schrie­benen Studi­en­leis­tungen nur einen Teil seiner Arbeits­zeit aufwenden muss, liegt ein Teilzeit­stu­dium vor.

Zwar kann auch ein Teilzeit­be­schäf­tigter eine erste Tätig­keits­stätte haben. Nach dem ausdrück­li­chen Wortlaut des § 9 Abs 4 Satz 8 EStG kann dies aber nicht auf Teilzeit­stu­die­rende übertragen werden. Der Gesetz­geber hat ausdrück­lich auf ein Vollzeit­stu­dium bzw. eine vollzei­tige Bildungs­maß­nahme abstellt. Dies kann so nicht zufällig erfolgt sein. Vielmehr ist davon auszu­gehen, dass der Gesetz­geber den Werbungs­kos­ten­abzug für die Fahrt­kosten nur im Fall eines Vollzeit­stu­diums bzw. einer vollzei­tigen Bildungs­maß­nahme auf die Entfer­nungs­pau­schale begrenzen wollte. 

Ein Vollzeit­stu­dium liegt nur dann vor, wenn das Studium nach den Studi­en­vor­schriften eine vollstän­dige zeitliche Beanspru­chung erfor­dert, vergleichbar mit einer Vollzeit­be­schäf­ti­gung. In diesem Fall war der Kläger jedoch als Teilzeit­stu­dent einge­schrieben, was bedeu­tete, dass er nur etwa 20 Stunden pro Woche für sein Studium aufge­wendet hat. Die Tatsache, dass er daneben keiner Erwerbs­tä­tig­keit nachging, war für die Einstu­fung eines Studiums als Teilzeit­stu­dium nicht relevant.

Fazit: Der Kläger kann seine Reise­kosten zur Fernuni­ver­sität in Hagen nach den tatsäch­li­chen Kosten (berechnet auf Basis von 0,30 € pro gefah­renem Kilometer) abziehen und ist nicht auf die Entfer­nungs­pau­schale beschränkt.

Quelle:BFH | Urteil | VI R 7/22 | 23-10-2024