Den Kernbe­reich der Digita­li­sie­rung bilden die Compu­ter­hard­ware (einschließ­lich Periphe­rie­ge­räte) sowie die Betriebs- und Anwen­der­soft­ware, die für die Daten­ein­gabe und -verar­bei­tung erfor­der­lich ist. Da diese Wirtschafts­güter aufgrund des raschen techni­schen Fortschritts einem immer schnel­leren Wandel unter­liegen, kann laut BMF eine betriebs­ge­wöhn­liche Nutzungs­dauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden. Das bedeutet, dass die Anschaf­fungs- oder Herstel­lungs­kosten im Jahr der Anschaf­fung oder Herstel­lung zu 100% abgeschrieben werden können, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Anschaf­fung im Laufe eines Jahres erfolgt ist.

Die betrof­fenen Wirtschafts­güter unter­liegen der allge­meinen Abschrei­bungs­regel (§ 7 Abs. 1 EStG), sodass die Möglich­keit, eine betriebs­ge­wöhn­liche Nutzungs­dauer von einem Jahr zugrunde zu legen, 

  • keine beson­dere Form der Abschrei­bung und
  • keine neue Abschrei­bungs­me­thode darstellt;
  • auch handelt es sich nicht um eine Sofort­ab­schrei­bung, wie es bei gering­wer­tigen Wirtschafts­gü­tern der Fall ist.

Auch wenn grund­sätz­lich eine Nutzungs­dauer von einem Jahr anzunehmen ist, gilt, dass

  • die Abschrei­bung im Zeitpunkt der Anschaf­fung oder Herstel­lung, mithin bei Fertig­stel­lung, beginnt, 
  • die Wirtschafts­güter in das Bestands­ver­zeichnis aufzu­nehmen sind (R 5.4 EStR)
  • der Steuer­pflich­tige von dieser Annahme auch abwei­chen kann und
  • die Anwen­dung anderer Abschrei­bungs­me­thoden grund­sätz­lich möglich ist.

Abschrei­bung pro-rata-temporis: Nur bei Wirtschafts­gü­tern, deren Verwen­dung oder Nutzung sich erfah­rungs­gemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist der Teil der Anschaf­fungs- oder Herstel­lungs­kosten anzusetzen, der bei gleich­mä­ßiger Vertei­lung dieser Kosten auf die Gesamt­dauer der Verwen­dung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG). Konse­quenz: Da Compu­ter­hard­ware und Software nunmehr eine betriebs­ge­wöhn­liche Nutzungs­dauer von einem Jahr haben, erfolgt keine Vertei­lung auf mehr als ein Jahr. Die sogenannte „pro-rata-temporis“ Regelung ist damit bereits nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG ausge­schlossen. Die Aussage des BMF, dass es nicht beanstandet wird, wenn abwei­chend zu § 7 Abs 1 Satz 4 EStG die Abschrei­bung im Jahr der Anschaf­fung oder Herstel­lung in voller Höhe vorge­nommen wird, ist irrefüh­rend, weil die „pro-rata-temporis“ Regelung von vornherein gesetz­lich ausge­schlossen ist. 

Die Änderung der Nutzungs­dauer ist erstmals in Gewinn­ermitt­lungen für Wirtschafts­jahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2020 enden. Rückwir­kende Anwen­dung: Wurde bei Gewinn­ermitt­lungen bis 31.12.2020 von einer längeren Nutzungs­dauer ausge­gangen, kann nach dem 31.12.2020 der Restbuch­wert in voller Höhe abgeschrieben werden.

Für Compu­ter­hard­ware und Software des Privat­ver­mö­gens, die zur Erzie­lung von Einkünften, z. B. im Rahmen eines Arbeits­ver­hält­nisses oder bei Vermie­tung und Verpach­tung, verwendet werden, gelten diese Regelungen ab 2021 entspre­chend.

Quelle: BMF-Schreiben | Veröf­fent­li­chung | IV C 3 - S 2190/21/10002 :025 | 21-02-2022