Der BFH hat bereits mit Urteil vom 23.2.2017 (V R 37/15) entschieden, dass die Diffe­renz­be­steue­rung auch dann anwendbar ist, wenn ein Unter­nehmer Gegen­stände liefert, die er durch Zerle­gung eines zuvor erwor­benen Gebraucht­wa­gens gewonnen hat. Im entschie­denen Fall hatte ein Unter­nehmer von Privat­per­sonen Altfahr­zeuge erworben, diese ausge­schlachtet und die Einzel­teile weiter veräu­ßert. Hierauf wendete er die Diffe­renz­be­steue­rung an. Das Finanzamt war ursprüng­lich der Auffas­sung, der Unter­nehmer habe die Umsätze aus der Weiter­ver­äu­ße­rung der durch Zerlegen der Altfahr­zeuge gewon­nenen Einzel­teile der Regel­be­steue­rung zu unter­werfen.

Dem ist der BFH unter Hinweis auf das EuGH-Urteils vom 18.1.2017 jedoch nicht gefolgt. Dem EuGH-Urteil lag der Sachver­halt zugrunde, dass Ersatz­teile verkauft wurden, die aus Altfahr­zeugen entnommen wurden, welche entweder von Privat­per­sonen oder von einer Versi­che­rungs­ge­sell­schaft angekauft wurden. Laut EuGH sind gebrauchte Teile, die aus Altfahr­zeugen stammen, die ein Autover­wer­tungs­un­ter­nehmen von einer Privat­person erworben hat, Gebraucht­ge­gen­stände im Sinne der Diffe­renz­be­steue­rung. Nach EU-Recht sind Gebraucht­ge­gen­stände beweg­liche körper­liche Gegen­stände, die in ihrem derzei­tigen Zustand oder nach Instand­set­zung erneut verwendbar sind.

Das bedeutet Folgendes: Erwirbt ein Wieder­ver­käufer z.B. nach einem Total­schaden endgültig still­ge­legte Fahrzeuge, dann sind für die Prüfung,

  • ob die Fahrzeuge als Gebrauchs­ge­gen­stände angesehen und
  • ob darauf die Diffe­renz­be­steue­rung angewandt werden kann,

nur die Bestand­teile des Fahrzeugs zu berück­sich­tigen, die im Rahmen eines Wieder­ver­kaufs an andere Personen erneut verwendbar sind. Insoweit kann auch ein endgültig still­ge­legtes Fahrzeug als Gebraucht­ge­gen­stand unter die Regelung der Diffe­renz­be­steue­rung fallen. Hierbei sind die Bestand­teile zu berück­sich­tigen, die erneut verwendbar sind.

Das gilt auch, wenn der Wieder­ver­käufer die Teile nicht aus dem endgültig still­ge­legten Fahrzeug entnommen hat, das er erworben hat, um seiner­seits die Teile wieder­zu­ver­kaufen, sondern das Fahrzeug in seinem derzei­tigen Zustand „zum Ausschlachten“ wieder­ver­kauft hat, d.h. für eine weitere Verwen­dung der Teile dieses Fahrzeugs als Ersatz­teile.

Fazit: Endgültig still­ge­legte Kraft­fahr­zeuge, die ein Unter­nehmen zum „Ausschlachten“ verkauft, ohne dass er die verwert­baren Teile aus den Fahrzeugen entnommen hat, stellen Gebraucht­ge­gen­stände im Sinne von Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 der EU-Richt­linie dar, wenn sie

  • zum einen noch Teile enthalten, die die Funktionen behalten haben, die sie im Neuzu­stand hatten, so dass sie in ihrem derzei­tigen Zustand oder nach Instand­set­zung erneut verwendet werden können, und
  • zum anderen feststeht, dass diese Fahrzeuge aufgrund einer solchen Wieder­ver­wen­dung der Teile in ihrem Wirtschafts­zy­klus geblieben sind.
Quelle: EuGH | Urteil | C-365/22 | 16-05-2024