Nutzt jemand einen Raum in der Wohnung, der einer Betriebs­stätte ähnlich ist, kann er die Kosten in voller Höhe als Betriebs­aus­gaben abziehen. Das gilt auch, wenn er die Wohnung zusammen mit seinem nicht­ehe­li­chen Lebens­ge­fährten angemietet hat. Die Grund­sätze, die der BFH bei Ermitt­lung der Einkünfte für Ehegatten entwi­ckelt hat, sind auf unver­hei­ra­tete Steuer­pflich­tige übertragbar.

Praxis-Beispiel:
Die Steuer­pflich­tige übte ihre Tätig­keit in einem Raum im Unter­ge­schoss aus, der mit Geräten zu Pilates­übungen ausge­stattet war. Die Klägerin erklärte in ihrer Einkom­men­steu­er­erklä­rung 2016 einen Gewinn von 12.775,73 €, den sie mithilfe einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermit­telt hatte. Als Betriebs­aus­gaben machte sie Aufwen­dungen für ein häusli­ches Arbeits­zimmer in Höhe von 1.644,30 € geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Aufwen­dungen für ein häusli­ches Arbeits­zimmer ohne Nachweise ab.
Die Klägerin und ihr Lebens­ge­fährte haben ab April 2016 einen Mietver­trag über eine Wohnung (zwei Zimmer und ein Keller­an­teil, Wohnfläche gesamt 81,42 qm) abgeschlossen. Die Miete betrug monat­lich 1.120 € zzgl. Betriebs­kos­ten­vor­aus­zah­lung in Höhe von 125 € und einer Garage für 60 € = 1.305 € gesamt. Die Klägerin zahlte für Mai bis Dezember 2016 monat­lich 670 € an ihren Lebens­ge­fährten, für April 400 € = 5.760 €. Die Klägerin beantragte bei Einkünften aus Gewer­be­be­trieb weitere Betriebs­aus­gaben zu berück­sich­tigen.

Während des finanz­ge­richt­li­chen Verfah­rens führte das Finanzamt aus, dass es Aufwen­dungen für den zu 100% betrieb­lich genutzten Raum nur zu 50% anerkennen wolle. Lebten Steuer­pflich­tige gemeinsam in einer Wohnung, könne davon ausge­gangen werden, dass jeder 50% der Aufwen­dungen getragen habe. Somit könne jeder auch nur 50% der Aufwen­dungen für die Räume, die von ihm beruf­lich genutzt werden, als Werbungs­kosten bzw. Betriebs­aus­gaben geltend machen.

Das Finanz­ge­richt hat Folgendes entschieden:

  • Bei dem mit Pilates­ge­räten ausge­stat­teten Raum im Unter­ge­schoss handelt es sich um einen Raum, der einer Betriebs­stätte ähnlich ist. Die Abzugs­be­schrän­kungen, die für häusliche Arbeits­zimmer gelten, kommen daher nicht zur Anwen­dung.
  • Aufwen­dungen für Räume inner­halb des privaten Wohnbe­reichs, die nicht dem Typus des häusli­chen Arbeits­zim­mers entspre­chen, können unbeschränkt als Betriebsausgaben/​Werbungskosten abziehbar sein, wenn sie betrieblich/​beruflich genutzt werden und sich der betriebliche/​berufliche Charakter des Raums und dessen Nutzung anhand objek­tiver Krite­rien feststellen lassen, was jeweils indivi­duell zu prüfen ist.
  • Die Klägerin kann den auf den betriebs­stät­ten­ähn­li­chen Raum entfal­lenden Teil der für die Wohnung entstan­denen Aufwen­dungen in voller Höhe von 1.475 € als Betriebs­aus­gaben abziehen, nachdem sie für die Wohnung 2016 tatsäch­lich Aufwen­dungen in Höhe von mehr als 1.475 € getragen hat.

Nach der bishe­rigen Recht­spre­chung des BFH gilt bei Ermitt­lung der Einkünfte von Ehegatten, dass der Ehegatte, der ein Arbeits­zimmer in vollem Umfang aus eigenem Recht nutzt, insoweit seine eigenen antei­ligen Anschaf­fungs- oder Herstel­lungs­kosten im Inter­esse dieser Nutzung aufge­wendet hat, sodass der betrieb­liche Aufwand beim ihm insge­samt zu berück­sich­tigen ist. Nach Auffas­sung des Finanz­ge­richts sind diese Grund­sätze auch auf die Ermitt­lung der Einkünfte von unver­hei­ra­teten Steuer­pflich­tigen übertragbar. Somit kann jeder die gesamten auf seinen Anteil entfal­lenden Kosten der gemeinsam gemie­teten Wohnung, die er zur Einkünf­te­er­zie­lung einsetzt, geltend machen.

Hinweis: Die Kosten, die auf einen Raum in der Wohnung entfallen, können vom Nutzenden insge­samt geltend gemacht werden, unabhängig davon, ob es sich um einen Raum handelt, der einer Betriebs­stätte ähnlich ist, oder um ein häusli­ches Arbeits­zimmer, bei dem die Kosten ggf. nur einge­schränkt abziehbar sind.

Das Finanz­ge­richt hat zwar die Revision zugelassen. Eine Entschei­dung des BFH wird es jedoch nicht geben, weil das Finanzamt darauf verzichtet hat, Revision einzu­legen.

Quelle: Finanz­ge­richte | Entschei­dung | Gerichts­be­scheid des FG München, 10 K 1251/18 | 01-03-2021