Eine Ausbil­dung, z. B. zum Rettungs­helfer, ist eine Berufs­aus­bil­dung. Die Aufwen­dungen für eine nachfol­gende (teure) Ausbil­dung, z. B. zum Verkehrs­flug­zeug­führer, sind daher als (vorweg­ge­nom­mene) Werbungs­kosten abziehbar.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger nahm in der Zeit vom 9.7.2007 bis zum 24.8.2007 im Rahmen seines Zivil­dienstes bei einer Feuer- und Rettungs­wache an einem Lehrgang zur Erlan­gung der Quali­fi­ka­tion als Rettungs­helfer teil. Der Lehrgang, der an der Landes­feu­er­wehr­schule statt­fand, umfasste insge­samt 320 prakti­sche und theore­ti­sche Stunden. Der Kläger erlangte hierdurch die Quali­fi­ka­tion als "Rettungs­helfer" und erhielt eine entspre­chende Teilnah­me­be­schei­ni­gung. Nach Beendi­gung der Zivil­dienst­zeit im März 2008 arbei­tete der Kläger zunächst als Aushilfe in einem Modehaus.

Von Januar 2009 bis Oktober 2010 absol­vierte der Kläger eine Ausbil­dung zum Verkehrs­flug­zeug­führer. Für diese Ausbil­dung machte er in seinen beim Finanzamt zusammen mit den Erklä­rungen zur Feststel­lung des verblei­benden Verlust­vor­trags einge­reichten Einkom­men­steu­er­erklä­rungen für die Streit­jahre (2009 und 2010) Aufwen­dungen in Höhe von 79.589 € (2009) bzw. 7.913 € (2010) als vorweg­ge­nom­mene Werbungs­kosten geltend. Das Finanzamt berück­sich­tigte für 2009 und für 2010 jeweils 4.000 € als Sonder­aus­gaben.

Unter den Begriff der Berufs­aus­bil­dung ist die Ausbil­dung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufs­aus­bil­dung befindet sich, wer sein Berufs­ziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernst­lich darauf vorbe­reitet. Der Vorbe­rei­tung auf ein Berufs­ziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kennt­nissen, Fähig­keiten und Erfah­rungen handelt, die als Grund­lage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Eine Berufs­aus­bil­dung setzt gemäß § 9 Abs. 6 EStG weder voraus, dass sie in einem Berufs­aus­bil­dungs­ver­hältnis nach dem Berufs­bil­dungs­ge­setz statt­findet, noch, dass sie eine zeitliche Mindest­aus­bil­dungs­dauer aufweist. Ferner ist es unerheb­lich, ob eine Ausbil­dung während einer Zivil­dienst­zeit durch­laufen wird. Eine Berufs­aus­bil­dung liegt nicht nur dann vor, wenn der Steuer­pflich­tige sich auf einen Beruf vorbe­reitet, den er auch tatsäch­lich auszu­üben beabsich­tigt. Sie muss auch keine bestimmten quali­ta­tiven Anfor­de­rungen erfüllen oder mit einer Prüfung abschließen. Maßgeb­lich ist vielmehr, ob die Ausbil­dung den Steuer­pflich­tigen befähigt, aus der (angestrebten) Tätig­keit Einkünfte zu erzielen. Konse­quenz: Die Ausbil­dung zum Rettungs­helfer ist eine Berufs­aus­bil­dung.

Das bedeutet, dass es sich bei der Ausbil­dung zum Verkehrs­flug­zeug­führer um eine Fortbil­dung handelt. Die Aufwen­dungen des Steuer­pflich­tigen für seine Ausbil­dung zum Verkehrs­flug­zeug­führer gehören zu den vorweg­ge­nom­menen Werbungs­kosten, wenn sie in einem hinrei­chend konkreten, objektiv feststell­baren Veran­las­sungs­zu­sam­men­hang mit späteren Einnahmen stehen.

Das Finanz­ge­richt hat somit den Abzug der Aufwen­dungen des Klägers für seine Ausbil­dung zum Verkehrs­flug­zeug­führer zu Unrecht abgelehnt. Da es an Feststel­lungen zur Höhe der im Einzelnen abzieh­baren Aufwen­dungen fehlt, hat der BFH die Sache an das Finanz­ge­richt zurück­ver­wiesen.

Quelle: BFH | Urteil | VI R 41/20 | 11-01-2023