Die Entnahme eines bebauten Grundstücks aus dem Betriebsvermögen ist als „Veräußerung“ des Wirtschaftsguts zu beurteilen. Das Grundstück wird aus der betrieblichen in die private Vermögenssphäre desselben Steuerpflichtigen übertragen. Die Aufwendungen für Baumaßnahmen an der Wohnung, die aus dem Betriebsvermögen entnommen wurde, können daher sogenannte anschaffungsnahe Herstellungskosten sein, die lediglich im Wege der Abschreibung zu berücksichtigen sind.
Praxis-Beispiel:
Der Steuerpflichtige hat im Wirtschaftsjahr 2010/2011 einen Teil der landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude sowie die zum Betriebsvermögen gehörende Wohnung entnommen. Die Entnahme betrifft u.a. die zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörende (bis 28.2.2011) fremdvermietete Wohnung. Der Entnahmewert des anteiligen Gebäudewerts der Wohnung hat laut Gutachten 49.045,21 € betragen. Nach der Entnahme wurde die Wohnung in zeitlich engem Zusammenhang komplett saniert und modernisiert. Die Kosten für die Baumaßnahmen waren mit rund 83.000 € fast doppelt so hoch wie der Entnahmewert. Damit liegen die Kosten für die Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb der ersten drei Jahre nach der Entnahme angefallen sind, deutlich über dem gesetzlich festgelegten Grenzwert von 15%.
Das Finanzamt hat die Kosten für die Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen nicht als voll abziehbare Erhaltungsaufwendungen behandelt, sondern lediglich im Wege der (linearen) Abschreibung mit 2% jährlich als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Der Steuerpflichtige machte geltend, dass die Anschaffungsfiktion gemäß § 23 EStG, die lediglich die Aufdeckung stiller Reserven bei einer späteren Veräußerung sicherstellen soll, nicht auf tatsächliche Anschaffungsvorgänge übertragen werden könne. Er machte daher geltend, dass die Kosten für die Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen in vollem Umfang als Werbungskosten berücksichtigt werden müssten.
Das Finanzgericht hat sich der Auffassung des Finanzamts angeschlossen. Das EStG enthält keine ausdrückliche Regelung, wie die Abschreibung zu bemessen ist, wenn ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt wird und zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet wird. Das EStG sieht für die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen andere Folgen vor als bei der Verwendung eines Wirtschaftsguts des Privatvermögens zur Erzielung von Einkünften. Wegen dieser unterschiedlichen Rechtsfolgen ist es nach Auffassung des Finanzgerichts erforderlich, eine zeitliche und sachliche Abgrenzung vorzunehmen. Dazu ist die Fiktion erforderlich, dass die Entnahme als Anschaffung und der Entnahmewert als Anschaffungskosten gewertet werden.
Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision beim BFH zugelassen (Az. IX R 7/21), weil die Rechtsfrage, ob das für den Beginn der Dreijahresfrist maßgebliche Tatbestandsmerkmal der „Anschaffung“ auch auf Entnahmevorgänge anzuwenden ist, bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde.