Das Bewohnen einer Wohnung am Lebens­mit­tel­punkt eines Steuer­pflich­tigen und seiner Familie ist dem privaten Lebens­be­reich zuzuordnen, sodass Aufwen­dungen für einen Umzug grund­sätz­lich steuer­lich nicht abziehbar sind. Sie können aber als Werbungs­kosten abzugs­fähig sein, wenn der Umzug nahezu ausschließ­lich beruf­lich veran­lasst ist, sodass private Gründe also eine allen­falls ganz unter­ge­ord­nete Rolle spielen.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger war als angestellter Teil-Projekt­leiter für ein Unter­nehmen über deren Vermögen Anfang 2020 das Insol­venz­ver­fahren eröffnet worden ist. Der Kläger wickelte dennoch weiterhin ein Projekt für seinen Arbeit­geber ab. Seine tägliche Arbeit erfor­derte dabei zu 60% Tätig­keiten mit Telefonaten/​Meetings und zu 40% ruhigere Tätig­keiten (Lesen/​Anfertigen von Berichten). Der Kläger arbei­tete vor Mitte März 2020 nur in Ausnah­me­fällen zu Hause. Ab Januar 2020 nutzte er den privaten PKW und den öffent­li­chen Nahver­kehr zu etwa gleichen Teilen. Zu Beginn der Corona-Maßnahmen im März 2020 musste der Kläger seine Arbeits­ma­te­ria­lien aus dem Büro seines Arbeit­ge­bers abholen und ab diesem Zeitpunkt zu Hause arbeiten. Das Büro des Arbeit­ge­bers war gänzlich geschlossen. Dies blieb so, bis der Kläger zum 30.6.2020 das Unter­nehmen verließ. Im Juli 2020 begann der Kläger eine Tätig­keit bei seinem neuen Arbeit­geber, ohne dort einen festen Arbeits­platz zu haben. Er arbei­tete an vier Tagen in der Woche im Arbeits­zimmer und einmal wöchent­lich in den Räumen seines neuen Arbeits­ge­bers. 

Die Klägerin arbeitet an vier Tagen in der Woche im Homeof­fice und an einem Tag im Büro. Das Büro ihres Arbeit­ge­bers blieb geöffnet, ein Betre­tungs­verbot gab es nicht. Aller­dings war Homeof­fice aufgrund der Corona-Pandemie dringend empfohlen. Beide Kläger benötigten für ihre Tätig­keit einen großen Bildschirm. Mit Beginn des Homeof­fices Mitte März 2020 nutzen die Kläger den Esstisch nicht nur als Esstisch der Familie, sondern zudem als Schreib­tisch. Dort war indes nur Platz für einen großen Bildschirm. Auch sonst konnte ein solcher in der Wohnung nicht aufge­stellt werden. Da die Klägerin in ihrer Arbeit zudem durch die vielen Telefo­nate des Klägers gestört wurde, wechselten sie sich nach Möglich­keit mit der Nutzung des Essti­sches ab. Dies war nur möglich, weil beide in gewissem Maße die Arbeits­zeit frei einteilen konnten. Die Kläger gingen davon aus, dass die Corona-bedingten Einschrän­kungen länger dauern würden, und suchten im April 2020 nach einer Wohnung, die es ihnen ermög­li­chen würde, zwei Arbeits­zimmer einzu­richten.
Die Kläger zogen im Juli 2020 in eine neue Wohnung um, die 110 m² groß ist (Wohn-/Esszimmer (28,15 m²), Küche (6,56 m²), zwei Arbeits­zimmer (je 10,57 m²), Kinder­zimmer (10,57 m²) und Schlaf­zimmer (15,29 m²). Das Finanzamt lehnte den Abzug der Umzugs­kosten als Werbungs­kosten ab.

Das Finanz­ge­richt erkannte den Werbungs­kos­ten­abzug an. Zwar reicht allein der Umstand, dass die neue Wohnung aufgrund der wesent­lich großzü­gi­geren Platz­ver­hält­nisse die Einrich­tung eines Arbeits­zim­mers ermög­licht, nicht aus, um davon auszu­gehen, dass der Umzug aus nahezu ausschließ­lich beruf­li­chen Gründen erfolgt ist. Aufgrund des natür­li­chen Bestre­bens nach Verbes­se­rung der Wohnqua­lität lässt sich nicht mit der erfor­der­li­chen Sicher­heit ermit­teln, ob die Einrich­tung des Arbeits­zim­mers Anlass oder nur Folge des Umzugs in eine wesent­lich größere Wohnung mit besseren Wohnbe­din­gungen gewesen ist. Allein das Bestreben, ein abgeschlos­senes Arbeits­zimmer einzu­richten, ist anders als bei einem Umzug aus einem konkreten beruf­li­chen Anlass (Arbeit­ge­ber­wechsel, Umzug in neue Betriebs­räume oder bei einer wesent­li­chen Fahrt­zeit­ver­kür­zung) nicht beruf­lich veran­lasst. 

Fazit: Entschei­dend ist, ob objektiv Umstände festzu­stellen sind, die auf eine typische beruf­liche Veran­las­sung schließen lassen. Das ist hier der Fall, weil die Arbeits­be­din­gung, die der Gesetz­geber dem Arbeits­be­reich zuordnet, den Klägern durch den Umzug erheb­lich erleich­tert wurden.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Hamburg, 5 K 190/22 | 22-02-2023