Entscheidet sich ein Steuer­pflich­tiger, ein ärztlich verord­netes Funkti­ons­trai­ning (z. B. Wasser­gym­nastik) in einem näher zu seinem Wohnort gelegenen Fitness­studio durch­zu­führen, stellen die Mitglieds­bei­träge keine außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tungen dar, wenn mit dem Mitglieds­bei­trag auch weitere Leistungen abgegolten werden (wie z. B. Sauna­nut­zung, Aqua Fitness­kurse). Gleiches gilt, wenn derar­tige Leistungen nicht nur von kranken, sondern auch von gesunden Menschen in Anspruch genommen werden. Ist eine Auftei­lung nach objek­tiven Krite­rien nicht möglich, können die Mitglieds­bei­träge nicht berück­sich­tigt werden.

Praxis-Beispiel:
Aufgrund ihrer zuneh­mend schmerz­haften Bewegungs­ein­schrän­kungen und zur funktio­nellen Verbes­se­rung und Schmerz­re­duk­tion wurde der Klägerin ein Funkti­ons­trai­ning (= Wasser­gym­nastik) ärztlich verordnet. Die Klägerin ließ die Wasser­gym­nastik im Fitness­studio durch­zu­führen. Dort finden spezi­elle Kurse statt, an welchen nur solche Personen teilnehmen können, die aus Krank­heits­gründen eine entspre­chende Verord­nung erhalten haben. Die Kurse wurden von quali­fi­zierten Übungs­lei­tern mit einer gültigen Übungs­lei­ter­li­zenz für den Rehabi­li­ta­ti­ons­sport durch­ge­führt. Die Klägerin meldete sich in diesem Fitness­studio als Mitglied an, was zwangs­läufig erfolgen musste. Sie musste dann auch den Baustein "Wasser­welt" (Modul „Wellness und Spa“) buchen. Die Kranken­kasse der Klägerin rechnete die Kurskosten direkt mit dem Fitness­studio ab. Bei der Klägerin verblieb letzt­lich ein Wochen­ge­samt­bei­trag für die Mitglied­schaft in dem Fitness­studio für den gewählten Baustein "Wellness und Spa" in Höhe von 13,10 € zuzüg­lich eines Betrags von 1,25 € für die Mitglied­schaft im Verein, der das Funkti­ons­trai­ning durch­führte. Das Finanzamt erkannte diese Aufwen­dungen nicht als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen an.

Das Finanz­ge­richt erkannte die Fahrt­kosten in Zusam­men­hang mit der Teilnahme an den ärztlich verord­neten Wasser­gym­nas­tik­kursen und die wöchent­li­chen Mitglieds­bei­träge für den Verein an, der das Funkti­ons­trai­ning durch­führte. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet zurück. Die Aufwen­dungen für das Fitness­studio entstehen nicht zwangs­läufig, wenn der Steuer­pflich­tige auch die Möglich­keit hat, die ärztlich verord­neten Kurse außer­halb eines Fitness­stu­dios durch­führen zu können. Allein die räumliche Nähe des Fitness­stu­dios zum Wohnort, die Einspa­rung von Park- und Fahrt­kosten sowie die größere zeitliche Flexi­bi­lität führen nicht dazu, dass die Mitglieds­bei­träge für das Fitness­studio zwangs­läufig entstehen.

Da Leistungen eines Fitness­stu­dios nicht nur von kranken, sondern auch gesunden Menschen in Anspruch genommen werden, ist eine Auftei­lung der Beiträge nach objek­tiven Krite­rien nicht möglich. Konse­quenz ist, dass die Mitglieds­bei­träge nicht berück­sich­tigt werden können.

Das Finanz­ge­richt hat die Revision zugelassen, weil die Sache grund­sätz­liche Bedeu­tung hat. Damit erhält der BFH die Gelegen­heit, höchst­rich­ter­lich zu klären, ob und ggf. inwie­weit bei medizi­ni­scher Indika­tion der Behand­lung die Mitglieds­bei­träge für ein Fitness­studio (gerade auch in den Fällen, in denen wie im Streit­fall mindes­tens ein auf die Behand­lung zugeschnit­tenes Grund­modul für die Ableis­tung der Kurse gebucht werden muss) außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen sein können.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Nieder­sachsen, 9 K 17/21 | 13-12-2022