Eine Klage, mit der die Verfas­sungs­wid­rig­keit des Solida­ri­täts­zu­schlags geltend gemacht wird ist nicht sinnvoll, weil das Rechts­schutz­be­dürfnis fehlt. Das gilt, wenn die Festset­zung in diesem Punkt vorläufig ist und beim Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt bereits ein einschlä­giges Muster­ver­fahren anhängig ist. Klagen beim Finanz­ge­richt und Revisionen beim BFH sind daher unzulässig.

Praxis-Beispiel:
Das Finanzamt setzte Voraus­zah­lungen zum Solida­ri­täts­zu­schlag vorläufig hinsicht­lich der Verfas­sungs­mä­ßig­keit des Solida­ri­täts­zu­schlags fest und verwies auf die beim BVerfG seit dem 24.08.2020 anhän­gige Verfas­sungs­be­schwerde (Az. 2 BvR 1505/20). Das Finanzamt nahm auch Bezug auf das BMF-Schreiben vom 4.1.2021 und führte aus, dass der Vorläu­fig­keits­ver­merk auch die Frage erfasse, ob die fortgel­tende Erhebung des Solida­ri­täts­zu­schlags nach Auslaufen des Solidar­pakts II zum 31.12.2019 verfas­sungs­gemäß sei. Im Übrigen wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Die Kläger haben gegen die Einspruchs­ent­schei­dung Klage beim Finanz­ge­richt erhoben. Das Finanz­ge­richt wies die Klage als unbegründet ab.

Der BFH hat entschieden, dass wegen des Vorläu­fig­keits­ver­merks bei der Klage das Rechts­schutz­be­dürfnis fehlt, sodass die Klage von Beginn an unzulässig war. Nach der ständigen Recht­spre­chung des BFH fehlt das Rechts­schutz­be­dürfnis, wenn der Steuer­be­scheid in dem verfas­sungs­recht­li­chen Streit­punkt vorläufig ergangen ist, diese Streit­frage sich in einer Vielzahl von im Wesent­li­chen gleich gelagerter Verfahren (Massen­ver­fahren) stellt und ein nicht von vornherein aussichts­loses Muster­ver­fahren beim BVerfG anhängig ist. Liegen diese Voraus­set­zungen vor, muss ein Steuer­pflich­tiger im Allge­meinen die Klärung der Streit­frage in dem Muster­ver­fahren abwarten, weil er dadurch keine unzumut­baren Rechts­nach­teile erleidet.

Fazit: Es macht keinen Sinn, Einspruch oder Klage zu erheben, wenn die Festset­zung des Solida­ri­täts­zu­schlags vorläufig ist.

Quelle: BFH | Urteil | IX R 9/22 | 25-09-2023