Bei außer­or­dent­li­chen Einkünften, die insge­samt in einem Veran­la­gungs­zeit­raum bezogen wurden, kann die Einkom­men­steuer mit dem ermäßigten Steuer­satz bemessen werden. Zu den begüns­tigten außer­or­dent­li­chen Einkünften gehören auch Entschä­di­gungen, die als Ersatz für entgan­gene oder entge­hende Einnahmen gewährt werden (§ 24 Nr. 1 EStG).

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin war aufgrund eines medizi­ni­schen Behand­lungs­feh­lers so erheb­lich geschä­digt worden, dass sie ihre Tätig­keit nur noch einge­schränkt ausüben konnte. Seitdem bezieht sie eine Erwerbs­min­de­rungs­rente aus der gesetz­li­chen Renten­ver­si­che­rung. Nach einem Beschluss des Landge­richts schloss die Klägerin im Rechts­streit gegen das Kranken­haus und die behan­delnden Ärzte einen Vergleich, wonach

  • die Beklagten als Gesamt­schuldner an die Klägerin einen Betrag in Höhe von … bezahlen und
  • die Beklagten sich verpflich­teten, der Klägerin die von ihr aufgrund des Verdienst­aus­fall­scha­dens entrich­teten Steuern gegen Nachweis zu erstatten.

Es bestand Einver­nehmen, dass sich der Vergleichs- und Abfin­dungs­be­trag aus einem Schmer­zens­geld, einem Verdienst­aus­fall­schaden sowie aus sonstigen Kosten und Schäden zusam­men­setzt. In ihrer Einkom­men­steu­er­erklä­rung gab die Klägerin die Verdienst­aus­fall­ent­schä­di­gung als Versor­gungs­be­züge für mehrere Jahre an, die ermäßigt zu besteuern seien. Das Finanzamt berück­sich­tigte die Verdienst­aus­fall­ent­schä­di­gung als Einnahmen aus nicht­selb­stän­diger Arbeit, die es nach Abzug des Werbungs­kos­ten­pausch­be­trags dem Grund­tarif unter­warf. Das Finanzamt vertrat die Auffas­sung, dass der Verdienst­aus­fall­schaden ebenso wie die zu erstat­tenden Steuern im Jahr der Erstat­tung steuer­pflichtig seien.

Ersatz­leis­tungen umfassen nicht jede belie­bige Art von Schäden, sondern nur die, die für die Abgel­tung von erlit­tenen oder zu erwar­tenden Ausfällen an Einnahmen gezahlt werden. Zahlungen, die Ausgaben ausglei­chen, gehören nicht dazu. Erleidet der Steuer­pflich­tige infolge einer schuld­haften Körper­ver­let­zung eine Minde­rung seiner Erwerbs­fä­hig­keit, kommt eine begüns­tigte Entschä­di­gung also nur für Zahlungen in Betracht, die zivil­recht­lich den Erwerbs­schaden ausglei­chen sollen. Nur insoweit wird Ersatz für entgan­gene oder entge­hende Einnahmen geleistet.

Außer­or­dent­liche Einkünfte werden grund­sätz­lich nur bejaht, wenn die begüns­tigten Einkünfte in einem Veran­la­gungs­zeit­raum zu erfassen sind und durch die Zusam­men­bal­lung von Einkünften erhöhte steuer­liche Belas­tungen entstehen. Keine Zusam­men­bal­lung liegt vor, wenn eine Entschä­di­gung in zwei oder mehr Veran­la­gungs­zeit­räumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusam­men­treffen und sich ein Progres­si­ons­nach­teil ergibt.

Aufgrund des Vergleichs stand der Klägerin neben der Verdienst­aus­fall­ent­schä­di­gung auch der Ersatz der hierauf anfal­lenden Steuern zu. Diese einheit­liche Entschä­di­gung floss der Klägerin in zwei Veran­la­gungs­zeit­räumen zu. Somit fehlt es an der erfor­der­li­chen Zusam­men­bal­lung von Einkünften in einem Veran­la­gungs­zeit­raum. Eine Ausnahme von dem Grund­satz, dass nur einma­lige Zuflüsse als außer­or­dent­liche Einkünfte anzusehen sind, liegt hier nicht vor.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Baden-Württem­berg, 3 K 3132/20 | 20-11-2023