Eine Dia-Show, die für sich betrachtet nicht dem ermäßigten Steuer­satz unter­liegt, kann im Zusam­men­spiel mit den anderen Elementen einer Show ihren Charakter als bloße Vorfüh­rung von Bildern verlieren. Ist eine Dia-Show untrenn­barer Bestand­teil einer einheit­li­chen theater- und konzert­ähn­li­chen Leistung, ist der ermäßigte Steuer­satz anzuwenden (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG).

Praxis-Beispiel:
Ein diplo­mierter Opern- und Chanson­sänger, war als Sänger und Bildjour­na­list tätig. Er veran­stal­tete Shows, bei denen er Fotos präsen­tierte, die er zuvor auf Reisen im In- und Ausland aufge­nommen hatte. Zugleich kommen­tierte er die gezeigten Fotos und bot (passend zu den gezeigten Regionen) Gesangs­dar­bie­tungen dar. Während einer Veran­stal­tung wurden ca. 600 Bilder gezeigt. Hierbei handelte es sich nicht nur um Fotos des Klägers, sondern auch um Bilder eines ehema­ligen Bühnen­bild­ners, die speziell für die jewei­lige Veran­stal­tung angefer­tigt und in die Bildfolge einge­reiht wurden. Der Kläger beschreibt seine Show als "einzig­ar­tige Synthese von Wort, Gesang und Musik". Auf der Homepage finden sich Kommen­tare von Mitwir­kenden und Besuchern der Veran­stal­tungen sowie Presse­stimmen, die die Show des Klägers als "Kunst­werk" bezeichnen.

Das Finanzamt vertrat die Auffas­sung, dass die Show-Umsätze dem Regel­steu­er­satz unter­liegen. Es sei von einer einheit­li­chen Leistung auszu­gehen, wobei die Dia-Vorfüh­rung die Haupt­leis­tung sei, die dem Regel­steu­er­satz unter­liege. Die Wort- und Gesangs­dar­bie­tungen des Klägers seien Neben­leis­tungen, so dass sie ebenfalls dem Regel­steu­er­satz zu unter­werfen seien.

Ermäßigt zu besteuern sind nach der Recht­spre­chung des BFH nicht nur Auffüh­rungen von Theater­stü­cken, Opern und Operetten oder Konzerten, sondern auch Darbie­tungen der Panto­mime und Tanzkunst, der Klein­kunst und des Varietés sowie Puppen­spiele oder Eisre­vuen. Begüns­tigt sind auch "Misch­formen" von Sprech-, Musik- und Tanzdar­bie­tungen. Die begüns­tigte Veran­stal­tung oder Vorfüh­rung muss den eigent­li­chen Zweck der Veran­stal­tung ausma­chen und eine persön­liche geistige Schöp­fung in der für einen Urheber­rechts­schutz gefor­derten geistigen Höhe darstellen. Deshalb sind z. B. das bloße Abspielen eines Tonträ­gers, das reine Vorlesen eines Buches durch dessen Autor oder Autogramm­stunden weder ein Konzert noch eine Theater­vor­füh­rung oder eine vergleich­bare Darbie­tung eines ausübenden Künst­lers. Gleiches gilt für einen von einer Anein­an­der­rei­hung von Stand­bil­dern beglei­teten Vortrag.

Das Finanz­ge­richt hat seine Auffas­sung, es liege eine einheit­liche, komplexe Leistung vor, damit begründet, dass Dia-Vortrag, Erzäh­lung und Gesang zu einem untrenn­baren wirtschaft­li­chen Vorgang verbunden seien. Eine Aufspal­tung in Einzel­leis­tungen sei ebenso lebens­fremd wie die Annahme, die Erzäh­lung und der Gesang seien Neben­leis­tungen zum Dia-Vortrag. Die drei Kompo­nenten seien aufein­ander abgestimmt und griffen inein­ander. Der Besucher wolle Dia-Vortrag, Erzäh­lung und Gesang zusammen erleben und genießen. Es gehe ihm gerade um die Verbin­dung dieser drei Elemente.

Diese Würdi­gung des Finanz­ge­richts, dass die einheit­li­chen komplexen Leistungen des Klägers als künst­le­ri­sches Gesamt­werk den Theater­vor­füh­rungen und Konzerten vergleich­bare Darbie­tungen eines ausübenden Künst­lers seien, weil aus der Sicht der Besucher die an sich nicht ermäßigt zu besteu­ernde Anein­an­der­rei­hung von Bildern vollständig in einer künst­le­ri­schen Darbie­tung des Klägers aufge­gangen sei und daher ihren Charakter als bloße Vorfüh­rung von Bildern verloren habe, ist revisi­ons­recht­lich nicht zu beanstanden.

Quelle: BFH | Urteil | XI R 5/22 | 27-09-2022