Die Liefe­rung von herren­losen Tieren, die aus dem Ausland nach Deutsch­land gebracht worden sind, kann bei einem gemein­nüt­zigen Verein dem ermäßigten Steuer­satz von 7% unter­liegen, wenn die herren­losen Tiere und die von gewerb­li­chen Tierhänd­lern gehan­delten Tiere, die dem Regel­steu­er­satz unter­liegen, nicht gleich­artig sind und daher kein Wettbe­werbs­kon­flikt besteht.

Praxis-Beispiel:
Kläger ist ein als gemein­nützig anerkannter Tierschutz­verein. Streitig ist, ob seine als "Vermitt­lung" bezeich­nete Liefe­rung herren­loser Tiere aus dem Ausland nach Deutsch­land der Umsatz­steuer unter­liegt und welcher Steuer­satz ggf. anzuwenden ist. Herren­lose Tiere sind nach der Defini­tion des Deutschen Tierschutz­bunds wildge­bo­rene Tiere oder Haustiere, die ausge­setzt oder vom Halter zurück­ge­lassen worden sind und in niemandes Eigentum stehen. 

Der BFH hat ausge­führt, dass die Zwecke des Tierschutz­ver­eins nur durch einen Geschäfts­be­trieb erreicht werden konnten, sodass es sich hier um einen Zweck­be­trieb handelt (§ 65 Nr. 2 AO). Vor allem die Verein­nah­mung einer Schutz­ge­bühr ist unerläss­lich, um die in Not geratenen Tiere in gute Hände zu vermit­teln (verkaufen). Sie gewähr­leistet einer­seits einen Kosten­bei­trag für die entstan­denen Ausgaben des Klägers, um die herren­losen Tiere für eine inlän­di­sche Vermitt­lung bereit­zu­halten, und dient anderer­seits dazu, bei der Vermitt­lung ein Minimum an Verläss­lich­keit und Ernst­haf­tig­keit des Erwer­bers zu gewähr­leisten, was dem Tierwohl dient. Dies wird dadurch bestä­tigt, dass Tierschutz­ver­eine und Tierheime allge­mein Schutz­ge­bühren erheben.

Fazit: Ein Zweck­be­trieb dient bereits dann vorrangig der Erzie­lung von Einnahmen, wenn es sich um den einzigen Tätig­keits­ge­gen­stand des jewei­ligen Zweck­be­triebs handelt. Somit ist der ermäßigte Steuer­satz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG auf alle Zweck­be­triebe anwendbar. Der ermäßigte Steuer­satz darf aller­dings nur insoweit angewendet werden, als er zu keiner oder einer nur geringen Gefahr einer Wettbe­werbs­ver­zer­rung führt. Das heißt, er darf nicht in größerem Umfang in Wettbe­werb treten, als es bei Erfül­lung der steuer­be­güns­tigten Zwecke unver­meidbar ist. Das ist hier der Fall, weil zwischen herren­losen Tieren einer­seits und von Tierhänd­lern gehan­delten Tieren anderer­seits aufgrund der vorhan­denen tatsäch­li­chen Unter­schiede kein Wettbe­werb besteht.

Quelle: BFH | Beschluss | XI R 4/20 | 17-10-2023