Heilbe­hand­lungen im Bereich der Human­me­dizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätig­keit als Arzt, Zahnarzt, Heilprak­tiker, Physio­the­ra­peut, Hebamme oder einer ähnli­chen heilbe­ruf­li­chen Tätig­keit durch­ge­führt werden, sind von der Umsatz­steuer befreit. Andere Leistungen von Ärzten unter­liegen
daher der Umsatz­steuer.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist selbstän­diger Arzt der Allge­mein­me­dizin. Einen eigenen Praxis­be­trieb unter­hielt er nicht. Er übernahm als Vertreter für andere Ärzte die ordnungs­ge­mäße Durch­füh­rung von Notdiensten. Seine ärztli­chen Leistungen, die er im Notfall­dienst erbrachte, rechnete er entweder über Privat­li­qui­da­tionen oder mit der kassen­ärzt­li­chen Verei­ni­gung entspre­chend den getrof­fenen Verein­ba­rungen ab. Von dem jeweils vertre­tenen Arzt erhielt er ein Stunden­ho­norar zwischen 20 € und 40 €. Daneben führte er in den Streit­jahren für die Polizei­be­hörde Blutent­nahmen durch, wobei der Unter­su­chungs­be­fund nach bestimmten Merkmalen festzu­halten war. Die Liqui­da­tion für die Blutent­nahmen erfolgte gegen­über der Landes­kasse und hing dabei unter anderem davon ab, zu welchem Zeitpunkt und wie viele Blutent­nahmen durch­ge­führt wurden. Der Kläger gab keine Umsatz­steu­er­an­mel­dungen ab, weil er der Auffas­sung war, dass es sich insge­samt um umsatz­steu­er­freie ärztliche Leistungen gehan­delt habe.
Die Honorare für die Blutent­nahmen sowie die Vergü­tung, die die Ärzte für die Übernahme der Notdienste zahlten, unter­warf das Finanzamt der Umsatz­steuer, weil es sich hierbei nicht um Vergü­tungen für thera­peu­ti­sche Zwecke (ärztliche Leistungen) gehan­delt habe.

Das Finanz­ge­richt beurteilte die Vergü­tungen, die andere Ärzte allein für die Übernahme der Notdienste gezahlt haben, nicht als begüns­tigte Heilbe­hand­lung. Vielmehr handle es sich hier um eine sonstige Leistung, die gegen­über dem vertre­tenen Arzt erbracht worden sei, nicht aber um eine Heilbe­hand­lung.

Auch die Umsätze aus den Blutent­nahmen für die Polizei sind umsatz­steu­er­pflichtig. Umsätze aus ärztli­cher Sachver­stän­di­gen­tä­tig­keit und der Erstel­lung von Gutachten können nur dann steuer­frei sein, wenn der Haupt­zweck der Begut­ach­tung im Schutz einschließ­lich der Aufrecht­erhal­tung oder Wieder­her­stel­lung der Gesund­heit liegt. Steuer­pflichtig sind dagegen Gutachten, die der Entschei­dungs­fin­dung eines Dritten dienten, die gegen­über dem Betrof­fenen oder einer anderen Person Rechts­wir­kungen entfalte. Ein mittel­barer Beitrag zum Schutz des Betrof­fenen reicht nicht aus. Somit sind Alkohol- und Drogen­gut­achten zum Zwecke der Unter­su­chung der Fahrtüch­tig­keit sowie im Zusam­men­hang mit anderen gericht­li­chen Zwecken nicht von der Umsatz­steuer befreit. 

Hinweis: Für Umsätze von Ärzten, bei denen es sich nicht um eine Heilbe­hand­lung handelt, kann die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung beansprucht werden. Voraus­set­zung ist, dass Umsatz zuzüg­lich der darauf entfal­lenden Steuer im voran­ge­gan­genen Kalen­der­jahr 22.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalen­der­jahr 50.000 € voraus­sicht­lich nicht übersteigen wird. Die steuer­freien ärztli­chen Umsätze bleiben bei der Ermitt­lung des Gesamt­um­satzes unberück­sich­tigt. Das heißt, dass neben den steuer­freien ärztli­chen Umsätzen weitere Umsätze bis zu 22.000 € nicht der Umsatz­steuer unter­worfen werden müssen.

Das Finanz­ge­richt hat die Revision wegen grund­sätz­li­cher Bedeu­tung zuzulassen.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Münster, 15 K 1953/20 U | 08-05-2023