Ob Einkünfte als künst­le­risch oder gewerb­lich einzu­stufen sind, ist zumin­dest teilweise schwer zu definieren. Da künst­le­ri­sche und gewerb­liche Tätig­keiten steuer­lich unter­schied­lich behan­delt werden, ist eine Defini­tion aber erfor­der­lich.

Der BFH definiert das Wesen der Kunst als eigen­schöp­fe­ri­sche Leistung, in der sich eine indivi­du­elle Anschau­ungs­weise und beson­dere Geltungs­kraft wider­spie­gelt. Dabei muss eine gewisse künst­le­ri­sche Gestal­tungs­höhe erreicht werden. Das Wesen der Kunst wird auch als freie schöp­fe­ri­sche Gestal­tung verstanden, in der Eindrücke, Erfah­rungen und Erleb­nisse des Künst­lers durch eine bestimmte Formen­sprache zum Ausdruck gebracht werden. Bei Mitwir­kungen an Fernseh­sen­dungen kommt es somit darauf an, wie diese Tätig­keit zu bewerten ist. Hierbei ist in erster Linie auf die konkrete Tätig­keit abzustellen.

Praxis-Beispiel:
Das Konzept der Sendung gründete darauf, dass Menschen von einem Unter­stützer begleitet werden, um ihre Situa­tion zu verbes­sern. Die Sendungen folgen einem stets gleich­blei­benden Aufbau. Der Kläger unter­hielt sich als „Experte“ im Rahmen seiner Tätig­keit schwer­punkt­mäßig mit den einmalig auftre­tenden Teilneh­mern über dessen persön­liche Umstände und kommen­tierte diese Gespräche sowie Äußerungen der Teilnehmer. Dabei nutze er insbe­son­dere auch seine Fachkennt­nisse, um die Situa­tion der Teilnehmer zu verbes­sern. Der Kläger lenkte die Gespräche mit den Teilneh­mern planmäßig entspre­chend der Sendungs­struktur. Die Vergü­tung des Klägers erfolgte ausschließ­lich durch den Produ­zenten.

In seiner Einkom­men­steu­er­erklä­rung ermit­telte der Kläger seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung als “Einkünfte aus selbstän­diger Arbeit“. Entspre­chend seiner Rechts­auf­fas­sung gab er keine Gewer­be­steu­er­erklä­rung für diese Tätig­keit ab. Das Finanzamt quali­fi­zierte die Tätig­keit des Klägers hingegen als gewerb­liche Tätig­keit und erließ einen Gewer­be­steu­er­mess­be­scheid.

Das Finanz­ge­richt ging ebenfalls von einer gewerb­li­chen Tätig­keit aus. Das Finanz­ge­richt führt aus, dass die Tätig­keit des Klägers als Leistung in das Endpro­dukt der Sendung einfloss und damit einen prakti­schen Nützlich­keits­wert hatte. Die Tätig­keit des Klägers im Rahmen der Sendung „X“ stellt jedoch keine eigen­schöp­fe­ri­sche Leistung dar, in der Eindrücke, Erfah­rungen und Erleb­nisse durch das Medium einer bestimmten Formen­sprache zu unmit­tel­barer Anschauung gebracht werden. Seine Mitwir­kung an der Sendung wird dahin­ge­hend beschrieben, dass er kein Schau­spieler sei, sondern ein Beschäf­tigter, der bei der Arbeit gefilmt werde. Diese Einschät­zung wird vom Finanz­ge­richt geteilt. 

Die Tätig­keit des Klägers besteht darin, in der Sendung er selbst zu sein und in dieser Eigen­schaft den anderen Teilneh­mern zu helfen. Seine nach dem Sendungs­kon­zept vorge­ge­bene Aufgabe besteht darin, die an der Sendung teilneh­menden Menschen zu unter­stützen. Dem Kläger gelingt es zumin­dest erfolg­reich den Eindruck zu vermit­teln, dass er eine empathi­sche Persön­lich­keit ist. Es ist offen­kundig, dass der Kläger als Sympa­thie­träger und Identi­fi­ka­ti­ons­figur für den Erfolg des Sende­for­mats maßgeb­lich mitver­ant­wort­lich ist.

Vorlie­gend hat Der Kläger zwar die Wirklich­keit nicht kopiert, weil es für seine Unter­stüt­zung als Experte in der Sendung keine Vorlage gab. Er hat selbst durch sein Verhalten die Wirklich­keit medien­wirksam gestaltet, nämlich eine Inter­ak­tion mit ihm als Experten und den Teilneh­mern geschaffen. Die vom Kläger mit seiner Tätig­keit geschaf­fene Wirklich­keit enthält jedoch keinen Abstrak­ti­ons­grad.

Wie die Tätig­keit im Rahmen der Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rung zu werten ist, spielt für die steuer­recht­liche Bewer­tung keine Rolle. Das Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rungs­ge­setz (KSVG) geht von einem anderen Kunst­be­griff aus, wobei keine beson­dere Gestal­tungs­höhe voraus­setzt wird.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | 10 K 306/17 G | 20-03-2023