Das Kind des Ehegatten kann auch nach Auflö­sung der Ehe mit dem leibli­chen Eltern­teil beim Stief­eltern­teil berück­sich­tigt werden. Zu den Stief­kin­dern gehören auch Kinder des Ehegatten bzw. Lebens­part­ners bezie­hungs­weise des verstor­benen oder geschie­denen Ehegatten bzw. Lebens­part­ners, und zwar unabhängig davon, ob diese Kinder "durch­ge­hend" im Haushalt des Stief­eltern­teils verbleiben.

Praxis-Beispiel:
Das Kind, für das Kinder­geld beantragt wurde, entstammt den leibli­chen Eltern, deren Ehe aufge­löst wurde. Die Klägerin lebte in einer Bezie­hung mit der leibli­chen Mutter des Kindes in einem gemein­samen Haushalt. Es bestand eine einge­tra­gene Lebens­part­ner­schaft. Im gemein­samen Haushalt lebten neben den beiden leibli­chen Kindern der Klägerin auch die beiden leibli­chen Kinder der Lebens­part­nerin, die mit Eintra­gung der Lebens­part­ner­schaft Stief­kinder der Klägerin wurden. Später trennten sich die Klägerin und ihre Lebens­part­nerin. In diesem Zusam­men­hang zog die Lebens­part­nerin mit ihren beiden leibli­chen Kindern aus.

Ein Kind der Lebens­ge­fährtin zog im Jahr 2019 zunächst zu ihrem Vater. Später hat der Vater einer Rückkehr des Kindes in den Haushalt der Klägerin zugestimmt, woraufhin das Kind zur Klägerin (= Stief­mutter) zog und dort mit allei­nigem Wohnsitz lebt. Gegen­über der Famili­en­kasse hat der Kläger der Auszah­lung des Kinder­geldes an die Klägerin zugestimmt. Am 8.11.2022 stellte die Klägerin bei der Famili­en­kasse einen Antrag auf Gewäh­rung von Kinder­geld ab November 2022. Dieser Antrag wurde mit der Begrün­dung abgelehnt, dass das Kind der ehema­ligen Lebens­ge­fährtin nicht als Stief­kind berück­sich­tigt werden könne, weil die Lebens­ge­mein­schaft nicht mehr besteht.

Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch, weil das Stief­kind­schafts­ver­hältnis weiter bestehe und nicht vom Bestand der Ehe oder Lebens­part­ner­schaft abhängig sei. Es bestehe vielmehr weiter, auch wenn die Ehe oder Lebens­part­ner­schaft geschieden oder aufge­löst werde.

Das Finanz­ge­richt hat entschieden, dass auch die vom Berech­tigten in seinen Haushalt aufgenom-menen Kinder seines Ehegatten als Kinder (Stief­kinder) berück­sich­tigt werden (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Das Finanz­ge­richt legt diese Vorschrift so aus, dass zu den Kindern des Ehegatten bzw. Lebens­part­ners auch die Kinder des verstor­benen oder geschie­denen Ehegatten bzw. Lebens­part­ners zählen, und zwar unabhängig davon, ob diese „durch­ge­hend“ im Haushalt des Stief­eltern­teils verbleiben.

Sachliche Gründe für eine Benach­tei­li­gung von Stiefelternteil/​Stiefkind im Kinder­geld­recht sind nicht ersicht­lich, zumal dieses in beson­derer Weise zur Siche­rung des Kindes­wohls ausge­legt ist. Etwaigen Beson­der­heiten bei der Abgren­zung der Kinder­geld­be­rech­ti­gung zwischen verschie­denen Berech­tigten wird insbe­son­dere durch das Krite­rium der „Haushalts­auf­nahme“ Rechnung getragen.

Das Finanz­ge­richt hat die Revision zugelassen, weil die Frage, ob und unter welchen Voraus­set­zungen Stief­kinder auch nach Auflö­sung der Ehe bzw. Lebens­part­ner­schaft weiterhin berück­sich­ti­gungs­fähig sind, bislang nicht höchst­rich­ter­lich geklärt ist.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | 13 K 254/23 | 03-08-2023