Veräu­ßert der geschie­dene Ehegatte im Rahmen der Vermö­gens­aus­ein­an­der­set­zung anläss­lich der Eheschei­dung seinen Mitei­gen­tums­an­teil an dem gemein­samen Einfa­mi­li­en­haus an den früheren Ehepartner, kann der Verkauf als privates Veräu­ße­rungs­ge­schäft der Besteue­rung unter­fallen. 

Praxis-Beispiel:
Der Kläger hatte zusammen mit seiner früheren Ehefrau im Jahr 2008 ein Einfa­mi­li­en­haus erworben und dieses mit ihrem gemein­samen Kind bewohnt. Nachdem die Ehe in die Krise geriet, zog der Ehemann 2015 aus dem Objekt aus. Die Ehefrau verblieb mit dem gemein­samen Kind in der Immobilie. Anschlie­ßend wurde die Ehe geschieden.
Im Rahmen der Vermö­gens­aus­ein­an­der­set­zung kam es zwischen den getrennt­le­benden Ehepart­nern zum Streit über die Immobilie. Nachdem die Ehefrau dem Kläger die Verstei­ge­rung angedroht hatte, veräu­ßerte der Ehemann im Jahr 2017 seinen hälftigen Mitei­gen­tums­an­teil an die Ehefrau. Diese nutzte die Immobilie weiterhin mit dem gemein­samen Kind zu eigenen Wohnzwe­cken. Das Finanzamt unter­warf den Gewinn aus der Veräu­ße­rung des Mitei­gen­tums­an­teils der Einkom­men­steuer. Das Finanz­ge­richt wies die dagegen erhobene Klage ab.

Der BFH bestä­tigte das Urteil des Finanz­ge­richts. Ein steuer­pflich­tiges privates Veräu­ße­rungs­ge­schäft liegt vor, wenn eine Immobilie inner­halb von 10 Jahren angeschafft und wieder veräu­ßert wird. Dies gilt auch für einen hälftigen Mitei­gen­tums­an­teil, der im Rahmen der Vermö­gens­aus­ein­an­der­set­zung nach einer Eheschei­dung von einem Mitei­gen­tümer an den anderen veräu­ßert wird.

Zwar ist die Veräu­ße­rung einer Immobilie dann nicht steuerbar, wenn die Immobilie durch­gängig zwischen Anschaf­fung und Veräu­ße­rung oder im Jahr der Veräu­ße­rung und in den beiden voran­ge­gan­genen Jahren zu eigenen Wohnzwe­cken genutzt wird. Ein in Schei­dung befind­li­cher Ehegatte nutzt das in seinem Mitei­gentum stehende Immobi­li­en­ob­jekt aber nicht mehr zu eigenen Wohnzwe­cken, wenn er ausge­zogen ist und nur noch sein geschie­dener Ehegatte und das gemein­same Kind weiterhin dort wohnen.

Auch das Vorliegen einer Zwangs­lage, wie z. B. bei einer Enteig­nung oder einer Zwangs­ver­stei­ge­rung, lag nicht vor. Zwar hatte die geschie­dene Ehefrau ihren Ex-Partner erheb­lich unter Druck gesetzt. Letzt­lich hat dieser aber seinen Anteil an dem Einfa­mi­li­en­haus an seine geschie­dene Frau freiwillig veräu­ßert.

Quelle: BFH | Urteil | IX R 11/21 | 13-02-2023