Der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist steuer­pflichtig, wenn er inner­halb von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt. Bei selbst­ge­nutztem Wohnei­gentum ist der Veräu­ße­rungs­ge­winn aller­dings steuer­frei, wenn die Immobilie

  • im Zeitraum zwischen Anschaf­fung oder Fertig­stel­lung und Veräu­ße­rung ausschließ­lich zu eigenen Wohnzwe­cken oder
  • im Jahr der Veräu­ße­rung und in den beiden voran­ge­gan­genen Jahren zu eigenen Wohnzwe­cken genutzt wurde. 

Keine Nutzung „zu eigenen Wohnzwe­cken“ liegt vor, wenn der Steuer­pflich­tige die Wohnung entgelt­lich oder unent­gelt­lich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger erwarben 2009 eine noch zu errich­tende Eigen­tums­woh­nung. Diese Eigen­tums­woh­nung überließen sie nach Fertig­stel­lung der Mutter der Klägerin bis zu ihrem Tod in 2016 unent­gelt­lich zur Nutzung. Danach verkauften die Kläger die Wohnung am 9.11.2017. Die Kläger machten geltend, dass der Veräu­ße­rungs­ge­winn nicht steuerbar sei, da die Klägerin durch die unent­gelt­liche Überlas­sung an ihre zwischen­zeit­lich verstor­bene Mutter eine Unter­halts­leis­tung erbracht habe. Die Überlas­sung stelle eine Nutzung zu eigenen Wohnzwe­cken dar. Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Der Begriff der „Nutzung zu Wohnzwe­cken“ ist entspre­chend dem Zweck der Ausnah­me­re­ge­lung, die Besteue­rung eines Veräu­ße­rungs­ge­winns bei Aufgabe eines Wohnsitzes (z. B. wegen eines Arbeits­platz­wech­sels) zu vermeiden, weit ausge­legt. Danach setzt das Merkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwe­cken“ voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen dauer­haft geeignet ist und vom Steuer­pflich­tigen auch bewohnt wird. 

Keine Nutzung „zu eigenen Wohnzwe­cken“ liegt vor, wenn der Steuer­pflich­tige die Wohnung entgelt­lich oder unent­gelt­lich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwe­cken ist zu bejahen, wenn der Steuer­pflich­tige Teile einer zu eigenen Wohnzwe­cken genutzten Wohnung oder die Wohnung insge­samt einem einkom­men­steu­er­lich zu berück­sich­ti­genden Kind unent­gelt­lich zur teilweisen oder allei­nigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigen­tümer in diesem Fall als eigene zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner unter­halts­recht­li­chen Verpflich­tung obliegt, für die Unter­brin­gung des Kindes zu sorgen. Überlässt der Steuer­pflich­tige die Wohnung nicht ausschließ­lich einem einkom­men­steu­er­lich zu berück­sich­ti­genden Kind (oder mehreren einkom­men­steu­er­lich zu berück­sich­ti­genden Kindern) unent­gelt­lich zur Nutzung, sondern zugleich einem Dritten, liegt keine begüns­tigte Nutzung des Steuer­pflich­tigen zu eigenen Wohnzwe­cken vor.

Fazit: Eine Begüns­ti­gung der Wohnungs­über­las­sung an andere unter­halts­be­rech­tigte Angehö­rige, wie z. B. der Mutter, sieht die Recht­spre­chung nicht vor. Denn für diesen Perso­nen­kreis kann eine Unter­halts­pflicht und das Entstehen von Aufwen­dungen nicht unter­stellt werden.

Quelle: Finanz­ge­richte | Entschei­dung | FG Düssel­dorf, 14 K 1525/19 E,F | 01-03-2023