Es handelt sich um ein privates Veräu­ße­rungs­ge­schäft (= Speku­la­ti­ons­ge­schäft), wenn ein Grund­stück inner­halb von 10 Jahren nach der Entnahme aus dem Betriebs­ver­mögen veräu­ßert wird. Bei einem unent­gelt­li­chen Erwerb tritt gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG an die Stelle der Anschaf­fungs- oder Herstel­lungs­kosten der angesetzte (Entnahme-)Wert. Der "angesetzte" Wert ist der Wert, der aufgrund der Entnahme aus dem Betriebs­ver­mögen bei der Steuer­fest­set­zung zugrunde gelegt worden ist. Ist die Entnahme steuer­lich nicht erfasst worden, ist der Buchwert anzusetzen.

Praxis-Beispiel: 
Zum Betriebs­ver­mögen eines land- und forst­wirt­schaft­li­chen Betriebs gehörte ein Grund­stück mit einer Gesamt­fläche von 2.853 qm, das mit notariell beurkun­detem Übertra­gungs­ver­trag vom 14.12.2007 und Ergän­zung zum Übertra­gungs­ver­trag vom 16.12.2008 vom Vater auf seine beiden Söhne übertragen wurde. Der Verkehrs­wert des Grund­stücks wurde im Übertra­gungs­ver­trag mit 300.000 € angegeben. Einen Entnah­me­ge­winn aus der Übertra­gung des Grund­stücks erklärte der Vater nicht. Das Grund­stück wurde ledig­lich nicht mehr als Betriebs­ver­mögen ausge­wiesen. Die Einkom­men­steu­er­be­scheide für 2007 und 2008 des Vaters sind bestands­kräftig.

Mit notariell beurkun­detem Vertrag vom 23.5.2016 veräu­ßerten die Kinder das Grund­stück mit weiteren Objekten zu einem antei­ligen Kaufpreis in Höhe von 570.600 €. Der Kaufpreis wurde im Juni 2017 gezahlt. Das Finanzamt setzte die Besteue­rungs­grund­lagen für Einkünfte aus privaten Veräu­ße­rungs­ge­schäften in Höhe von 559.018 € an. Als Anschaf­fungs­kosten seinen die ermit­telten Anschaf­fungs­kosten des Rechts­vor­gän­gers von 11.582 € anzusetzen. Der Veräu­ße­rungs­ge­winn betrage daher 570.600 € ./. 11.582€ = 559.018 €. Die Grund­stücks­ge­mein­schaft (bestehend aus den beiden Brüdern) trug im Wesent­li­chen vor, dass vom Veräu­ße­rungs­erlös der Entnah­me­wert des Grund­stücks im Jahr 2007 mit dem Teilwert von 556.335 € in Abzug zu bringen sei. Dieser leite sich aus dem Wert des Nachbar­grund­stücks ab, das einer der beiden Söhne im Februar 2007 zu einem Preis von 195 €/​qm erworben habe. Daher ergebe sich ledig­lich ein Gewinn in Höhe von 14.265 €.

Als Anschaf­fung gilt auch die Überfüh­rung eines Wirtschafts­guts aus dem Betriebs­ver­mögen in das Privat­ver­mögen des Steuer­pflich­tigen durch Entnahme oder Betriebs­auf­gabe. Bei unent­gelt­li­chem Erwerb ist dem Rechts­nach­folger die Anschaf­fung oder die Überfüh­rung des Wirtschafts­guts in das Privat­ver­mögen durch den Rechts­vor­gänger zuzurechnen. Nach dem Geset­zes­wort­laut ist der Wert maßge­bend, der bei einer Steuer­fest­set­zung zugrunde gelegen wurde. Wird ein Wirtschaftsgut erfolgs­neu­tral entnommen, entspricht der angesetzte Wert dem Buchwert des Wirtschafts­guts im Zeitpunkt der Entnahme.

Der Teilwert tritt nur dann an die Stelle der Anschaf­fungs- oder Herstel­lungs­kosten, wenn er bei der Steuer­fest­set­zung des Steuer­pflich­tigen zugrunde gelegt worden ist. Wird ein Wirtschaftsgut ohne Aufde­ckung der stillen Reserven (erfolgs­neu­tral) aus dem Betriebs­ver­mögen entnommen, ist der bis zur Entnahme in der Bilanz (Vermö­gens­über­sicht) bzw. im Anlagen­ver­zeichnis erfasste Buchwert anzusetzen.

Damit wird sicher­ge­stellt, dass Wertstei­ge­rungen (stille Reserven), die in dem Zeitraum zwischen Anschaf­fung oder Herstel­lung und Entnahme entstanden sind und der Entnah­me­be­steue­rung unter­legen haben, bei der späteren Veräu­ße­rung nicht erneut steuer­lich erfasst und damit doppelt besteuert werden. Sind aber stille Reserven tatsäch­lich nicht erfasst worden, so kann es zu keiner Doppel­be­steue­rung kommen. Zudem soll sicher­ge­stellt werden, dass im Falle einer steuer­baren Veräu­ße­rung alle bis zur Veräu­ße­rung entstan­denen stillen Reserven einmal der Besteue­rung unter­worfen werden.

Quelle: BFH | Urteil | IX R 3/21 | 05-12-2021