Die Überfüh­rung eines Wirtschafts­guts vom Betriebs­ver­mögen in das Privat­ver­mögen ist keine Anschaf­fung, sodass es sich nicht um anschaf­fungs­nahe Herstel­lungs­kosten handeln kann. Das heißt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG nicht angewendet werden kann.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger war Inhaber einer Hofstelle. Er hat die Wohnung, die zu seinem land- und forst­wirt­schaft­li­chen Betrieb gehörte, im Jahr 2011 entnommen. Im Anschluss an die Entnahme sanierte und moder­ni­sierte er die vermie­tete Wohnung. Das Finanzamt vertrat die Auffas­sung, dass der Kläger die hierfür entstan­denen Aufwen­dungen nicht sofort als Erhal­tungs­auf­wand abziehen kann. Weil es sich um anschaf­fungs­nahe Herstel­lungs­kosten handeln würde, könnten die Aufwen­dungen bei der Ermitt­lung der Vermie­tungs­ein­künfte ledig­lich im Wege der Abschrei­bung verteilt über die Nutzungs­dauer des Objektes steuer­lich geltend gemacht werden. Die hiergegen gerich­tete Klage vor dem Finanz­ge­richt blieb erfolglos.

Der BFH hat die Revision für die Jahre 2011 und 2012 zurück­ge­wiesen, weil die Klage infolge der Steuer­fest­set­zung auf 0 € nicht zulässig war. In Bezug auf die Jahre 2010 und 2013 sah der BFH die Revision hingegen als begründet an. Das Finanz­ge­richt hat die Aufwen­dungen für die Baumaß­nahmen zu Unrecht als anschaf­fungs­nahe Herstel­lungs­kosten beurteilt.

Die Entnahme einer Wohnung aus dem Betriebs­ver­mögen ist keine Anschaf­fung. Es fehlt die Gegen­leis­tung, die für die Annahme einer Anschaf­fung notwendig ist. Außerdem liegt kein Rechts­trä­ger­wechsel vor, wenn das Wirtschaftsgut in das Privat­ver­mögen desselben Steuer­pflich­tigen überführt wird. Die Überfüh­rung eines Wirtschafts­guts in das Privat­ver­mögen durch eine Entnahme kann auch nicht fiktiv einer Anschaf­fung gleich­ge­stellt werden. 

Aber: Das Finanz­ge­richt hat noch zu klären, ob die Aufwen­dungen für die Baumaß­nahmen in den Jahren 2010 und 2013 mögli­cher­weise doch Herstel­lungs­kosten sind (entspre­chend der Regelung in § 255 Abs. 2 HGB). Das ist der Fall, wenn die Wohnung über ihren ursprüng­li­chen Zustand hinaus wesent­lich verbes­sert wurde.

Quelle: BFH | Urteil | IX R 7/21 | 02-05-2022