Herstel­lungs­kosten im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB, die über die Nutzungs­dauer abgeschrieben werden müssen, liegen vor, wenn die Maßnahmen zur Instand­set­zung und Moder­ni­sie­rung eines Gebäudes insge­samt über eine zeitge­mäße substanz­er­hal­tende Erneue­rung hinaus­gehen und den Gebrauchs­wert des Gebäudes insge­samt deutlich erhöhen und damit für die Zukunft eine erwei­terte Nutzungs­mög­lich­keit geschaffen wird. Von einer deutli­chen Erhöhung des Gebrauchs­werts ist z. B. auszu­gehen, wenn der Gebrauchs­wert des Gebäudes (Nutzungs­po­ten­tial) von einem sehr einfa­chen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchs­vollen Standard gehoben wird.

Der Standard eines Wohnge­bäudes bezieht sich auf die Eigen­schaften einer Wohnung. Wesent­lich sind vor allem Umfang und Qualität der Heizungs-, Sanitär- und Elektro­in­stal­la­tionen sowie der Fenster (= zentrale Ausstat­tungs­merk­male). Führt ein Bündel von Baumaß­nahmen bei mindes­tens drei Berei­chen der zentralen Ausstat­tungs­merk­male zu einer Erhöhung und Erwei­te­rung des Gebrauchs­wertes, hebt sich der Standard eines Gebäudes.

Sehr einfa­cher Standard liegt vor, wenn die zentralen Ausstat­tungs­merk­male im Zeitpunkt der Anschaf­fung nur im nötigen Umfang oder in einem technisch überholten Zustand vorhanden sind (Bad ohne Heizung, Fenster mit Einfach­ver­gla­sung, technisch überholte Heizungs­an­lage (z. B. Kohle­öfen) 

Mittlerer Standard liegt vor, wenn die zentralen Ausstat­tungs­merk­male durch­schnitt­li­chen und selbst höheren Ansprü­chen genügen.

Sehr anspruchs­voller Standard liegt vor, wenn bei dem Einbau der zentralen Ausstat­tungs­merk­male nicht nur das Zweck­mä­ßige verwendet wurde, sondern vor allem hochwer­tige Materia­lien verwendet wurden (= Luxus­sa­nie­rung).

Ergebnis: Anschaf­fungs­kosten eines Gebäudes sind die Aufwen­dungen, die geleistet werden, um das Gebäude zu erwerben und es in einen betriebs­be­reiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Gebäude einzeln zugeordnet werden können. Hierzu gehören auch die Neben­kosten und die nachträg­li­chen Anschaf­fungs­kosten. Entschei­dend ist auch, welchen Standard das Gebäude nach der Sanie­rung haben wird (sehr einfach, mittel oder sehr anspruchs­voll). Baumaß­nahmen, die das Gebäude auf einen höheren Standard bringen, machen es betriebs­be­reit, sodass diese Kosten den Anschaf­fungs­kosten hinzu­zu­rechnen sind. 

Erwei­te­rung und Erhöhung des Standards führen zu Herstel­lungs­kosten. Das ist der Fall, wenn Baumaß­nahmen den Nutzungs­wert eines Gebäudes in bestim­menden Berei­chen der zentralen Ausstat­tungs­merk­male betreffen und mit der Verbes­se­rung von mindes­tens zwei weiteren Berei­chen der zentralen Ausstat­tungs­merk­male zusammen, zu einer Hebung des Standards führen.

Praxis-Beispiel:
Im Anschluss an den Erwerb eines leerste­henden, bisher als Büro genutzten Einfa­mi­li­en­hauses, das für eine Vermie­tung zu fremden Wohnzwe­cken vorge­sehen ist, wird im bisher nicht ausge­bauten Dachge­schoss ein zusätz­li­ches Badezimmer einge­richtet. Außerdem werden einfach verglaste Fenster durch isolierte Spros­sen­fenster ersetzt und die Leistungs­ka­pa­zität der Elektro­in­stal­la­tion durch den Einbau dreipha­siger an Stelle zweipha­siger Elektro­lei­tungen maßgeb­lich aufge­bes­sert sowie die Zahl der Anschlüsse deutlich gestei­gert. Hierdurch tritt eine Verbes­se­rung von zwei weiteren Berei­chen der zentralen Ausstat­tungs­merk­male ein, sodass diese Aufwen­dungen zu Anschaf­fungs­kosten des Gebäudes führen.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG München, 11 K 133/22 | 01-06-2022