Die Gewäh­rung des Pflege-Pausch­be­trags (§ 33b Abs. 6 EStG) setzt voraus, dass es sich um Aufwen­dungen handelt, die zwangs­läufig entstanden sind. Eine Zwangs­läu­fig­keit aus recht­li­chen, tatsäch­li­chen oder sittli­chen Gründen liegt vor, wenn diese Gründe von außen so auf den Steuer­pflich­tigen einwirken, dass er ihnen nicht auswei­chen kann. Zu den Pflege­leis­tungen gehören Hilfe­leis­tung bei Verrich­tungen des tägli­chen Lebens, bei denen der Pflege­be­dürf­tige Hilfe benötigt.

Praxis-Beispiel:
Die Mutter des Klägers wohnte in einer eigenen Wohnung. Der Kläger hat seine Mutter im Jahr 2022 fünf Mal über mehrere Tage besucht und sie dort unter­stützt, indem er ihr bei der Körper­pflege, beim An- und Auskleiden, bei den Mahlzeiten sowie beim Verlassen der Wohnung geholfen hat. In der übrigen Zeit hat er organi­sa­to­ri­sche Dinge für sie erledigt. Er machte den Pflege­pausch­be­trag geltend, weil nach dem Wortlaut des Gesetzes keine Mindest­pfle­ge­dauer zu entnehmen sei. Es werde vielmehr nur voraus­ge­setzt, dass Aufwen­dungen für die Pflege entstanden seien. 
Das Finanzamt lehnte die Berück­sich­ti­gung des Pflege­pausch­be­trags ab, weil dem Kläger keine Mehrauf­wen­dungen finan­zi­eller Art entstanden seien, die nach Art und Höhe außer­ge­wöhn­lich wären. Der Kläger hat seine Mutter fünf Mal im Jahr besucht, was er wohl auch dann getan hätte, wenn sie gesund gewesen wäre. Trotz der größeren Entfer­nung ist dies bei einer älteren und allein­le­benden nahen Angehö­rigen noch im mittleren Bereich des Üblichen. Eine krank­heits­be­dingte Häufung oder längere Dauer ist somit im Jahr 2022 nicht erkennbar. Die Pflege muss auch mehr als gering­fügig sein und über die üblichen familiären Hilfe­stel­lungen hinaus­gehen. Dazu muss die pflegende Person mehr Zeit mit der gepflegten Person verbringen, als sie sonst für die Besuche bei ihren Eltern aufge­wandt hätte.

Ein Steuer­pflich­tiger kann anstelle der tatsäch­li­chen Aufwen­dungen, die ihm durch die Pflege einer Person entstehen, einen Pausch­be­trag geltend machen (Pflege-Pausch­be­trag), wenn er dafür keine Einnahmen im Kalen­der­jahr erhält und er die Pflege entweder in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflege­be­dürf­tigen persön­lich durch­führt. Das Finanz­ge­richt hat entschieden, dass nicht erkennbar ist, dass dem Kläger Mehrauf­wen­dungen finan­zi­eller Art entstanden sind, die nach ihrer Art und Höhe außer­ge­wöhn­lich sind. Denn der Kläger hätte seine Mutter auch dann mehrmals im Jahr besucht, wenn sie gesund gewesen wäre. Eine krank­heits­be­dingte Häufung oder längere Dauer ist im Streit­jahr nicht erkennbar. Die Pflege muss außerdem mehr als nur gering­fügig sein und über die (bei einem älteren Angehö­rigen) üblichen familiären Hilfe­stel­lungen hinaus­gehen. 

Die Mutter des Klägers hatte zum Beginn des Jahres 2022 bereits seit über 15 Monaten Pflege­stufe 3 gehabt, aber noch einen eigenen Haushalt geführt. Ihre Unter­brin­gung im „betreuten Wohnen“ zeigt, dass sie nur gelegent­lich Hilfe benötigte und nachts nicht überwacht und versorgt werden musste. Die Übernahme von organi­sa­to­ri­schen Tätig­keiten für die Mutter kann außerdem nicht mit der Pflege einer hilfe­be­dürf­tigen Person gleich­ge­stellt werden. Unter dem Begriff der Pflege ist die Hilfe­leis­tung im tägli­chen Leben zu verstehen, bei der der Pflege­be­dürf­tige Hilfe benötigt, also regel­mäßig wieder­keh­rende Unter­stüt­zungs­leis­tungen im Bereich der Körper­pflege, der Ernäh­rung, der Mobilität und der hauswirt­schaft­li­chen Versor­gung.

Fazit: Dem Kläger steht für das Jahr 2022 kein Pflege­pausch­be­trag gemäß § 33b Abs. 6 EStG zu.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Sachsen, 2 K 936/23 | 23-01-2024