Ein Mitun­ter­nehmer, der als Zahnarzt zugelassen ist, übt bei einem Zusam­men­schluss von Berufs­trä­gern seinen freien Beruf selbst aus, wenn er vor allem und weit überwie­gend organi­sa­to­ri­sche und adminis­tra­tive Leistungen für den Praxis­be­trieb der Mitun­ter­neh­mer­schaft erbringt, aber dennoch zumin­dest noch gering­fü­gige zahnärzt­liche Tätig­keiten ausübt.

Praxis-Beispiel:
Eine Partner­schafts­ge­sell­schaft betreibt eine Zahnarzt­praxis. Einem ihrer Senior­partner oblag die kaufmän­ni­sche Führung und die Organi­sa­tion der ärztli­chen Tätig­keit des Praxis­be­triebs (z.B. Vertre­tung gegen­über Behörden und Kammern, Perso­nal­an­ge­le­gen­heiten, Instand­hal­tung der zahnärzt­li­chen Gerät­schaften). Er war weder "am Stuhl" behan­delnd tätig noch in die prakti­sche zahnärzt­liche Arbeit der Mitso­zien und der angestellten Zahnärzte einge­bunden, sondern beriet im Streit­jahr fünf Patienten konsi­lia­risch und generierte hieraus einen gering­fü­gigen Umsatz. Finanzamt und Finanz­ge­richt stuften die Einkünfte der gesamten Gesell­schaft als gewerb­lich ein.

Dem folgte der BFH nicht. Alle Mitun­ter­nehmer erzielten Einkünfte aus freibe­ruf­li­cher Tätig­keit. Die freibe­ruf­liche Tätig­keit ist durch die unmit­tel­bare, persön­liche und indivi­du­elle Arbeits­leis­tung des Berufs­trä­gers geprägt. Daher reicht die bloße Zugehö­rig­keit eines Gesell­schaf­ters zu einem freibe­ruf­li­chen Katalog­beruf nicht aus. Vielmehr muss positiv festge­stellt werden können, dass jeder Gesell­schafter die Haupt­merk­male des freien Berufs, nämlich die persön­liche Berufs­qua­li­fi­ka­tion und das untrennbar damit verbun­dene aktive Entfalten dieser Quali­fi­ka­tion auf dem Markt, in seiner Person verwirk­licht hat. 

Die persön­liche Ausübung der freibe­ruf­li­chen Tätig­keit im vorge­nannten Sinne setzt aller­dings nicht voraus, dass jeder Gesell­schafter in allen Unter­neh­mens­be­rei­chen leitend und eigen­ver­ant­wort­lich tätig ist und an jedem Auftrag mitar­beitet. Die eigene freibe­ruf­liche Betäti­gung eines Mitun­ter­neh­mers kann auch in Form der Mit- und Zusam­men­ar­beit statt­finden. Einen Mindest­um­fang für die nach außen gerich­tete quali­fi­zierte Tätig­keit sieht das Gesetz nicht vor. Eine freibe­ruf­liche zahnärzt­liche Tätig­keit liegt daher auch vor. Der Berufs­träger entfaltet hier Tätig­keiten, die zum Berufs­bild des Zahnarztes gehören, denn die kaufmän­ni­sche Führung und Organi­sa­tion der Perso­nen­ge­sell­schaft ist die Grund­lage für die Ausübung der am Markt erbrachten berufs­ty­pi­schen zahnärzt­li­chen Leistungen und damit auch Ausdruck seiner freibe­ruf­li­chen Mit- und Zusam­men­ar­beit sowie seiner persön­li­chen Teilnahme an der prakti­schen Arbeit.

Quelle:BFH | Urteil | VIII R 4/22 | 03-02-2025