Abfin­dungen, die der Steuer­pflich­tige für die vorzei­tige Kündi­gung des Mietver­trags und die Räumung der Wohnung an seinen Mieter zahlt, um das Gebäude umfang­reich renovieren zu können, sind als Werbungs­kosten sofort abziehbar und nicht als anschaf­fungs­nahe Herstel­lungs­kosten zu behan­deln.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin (eine GbR) erwarb eine umfas­send vermie­tete Immobilie mit vier Wohnein­heiten zum Kaufpreis von 1.200.000 €. Sie renovierte das unter Denkmal­schutz stehende Objekt für rund 615.000 €. Um die Mieter zur Beendi­gung der Mietver­träge und zur Räumung ihrer Wohnungen zu bewegen und die Renovie­rungs­ar­beiten durch­führen zu können, zahlte die Klägerin Abfin­dungen in Höhe von insge­samt 35.000 €. Die GbR machte die Mieter­ab­fin­dungen für das Streit­jahr 2017 als sofort abzieh­bare Werbungs­kosten geltend. Hingegen ging das Finanzamt davon aus, dass die im sachli­chen Zusam­men­hang mit den Baumaß­nahmen stehenden Aufwen­dungen als Herstel­lungs-kosten zu quali­fi­zieren seien. Das Finanzamt minderte deshalb die Werbungs­kosten um 35.000 €. 

Zu den Herstel­lungs­kosten eines Gebäudes gehören auch Aufwen­dungen für Instand­set­zungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen, die inner­halb von drei Jahren nach der Anschaf­fung des Gebäudes durch­ge­führt werden, wenn die Aufwen­dungen ohne die Umsatz­steuer 15% der Anschaf­fungs­kosten des Gebäudes übersteigen (= anschaf­fungs­nahe Herstel­lungs­kosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Diese Aufwen­dungen erhöhen die Bemes­sungs­grund­lage für die Abschrei­bung. Die Beurtei­lung als anschaf­fungs­nahe Herstel­lungs­kosten ist auf bauliche Maßnahmen an Einrich­tungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt. Aufwen­dungen, die durch die Instand­set­zungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen ledig­lich mitver­an­lasst sind, fallen nicht darunter. Aufwen­dungen, die nicht Teil derar­tiger Instand­set­zungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen sind, müssen ohnehin einer getrennten steuer­recht­li­chen Würdi­gung unter­zogen werden.

Die Regelung zu den anschaf­fungs­nahen Herstel­lungs­kosten beruht auf der Annahme, dass der Kaufpreis gerade im Hinblick auf die notwen­digen Erhal­tungs­auf­wen­dungen niedriger kalku­liert worden ist, so dass die Nachho­lung unter wirtschaft­li­chen Gesichts­punkten Teil des Kaufpreises ist. Diese Erwägung gilt aber nur für Baumaß­nahmen (Aufwen­dungen für Instand­set­zungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen), nicht jedoch für Mieter­ab­fin­dungen. Sie spiegeln sich nicht typischer­weise in einer dauer­haften Erhöhung des Gebäu­de­werts wider, so dass der Käufer regel­mäßig auch keine Veran­las­sung haben wird, sie dem Verkäufer über einen höheren Kaufpreis zu entgelten.

Quelle: BFH | Urteil | IX R 29/21 | 19-09-2022