Bei der Überlas­sung eines Arbeit­neh­mers, die nach dem Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­ge­setz (AÜG) erfolgt, ist der Verleiher lohnsteu­er­recht­lich als Arbeit­geber anzusehen. Für die Frage, ob der Arbeit­nehmer einer betrieb­li­chen Einrich­tung dauer­haft zugeordnet ist, ist das Arbeits­ver­hältnis zwischen dem Arbeit­geber (Verleiher) und dem (Leih-) Arbeit­nehmer maßgeb­lich. Eine dauer­hafte Zuord­nung liegt nicht vor, wenn der Arbeit­nehmer wieder­holt, aber befris­tetet beim Entleiher einge­setzt wird. 

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist mit einem unbefris­teten Arbeits­ver­trag bei einem Perso­nal­dienst­leister angestellt, der Arbeit­nehmer im Rahmen von Zeitar­beit überlässt. Laut Arbeits­ver­trag sollte der Kläger als überbe­trieb­li­cher Mitar­beiter bei Kunden einge­setzt werden, ohne dass dadurch ein Vertrags­ver­hältnis zu dem jewei­ligen Kunden begründet wird. Der Kläger machte seine Fahrten nach Dienst­rei­se­grund­sätzen in Höhe von 5.162,40 € als Werbungs­kosten geltend (239 Tage x 36 km x 0,30 € x 2). Das Finanzamt berück­sich­tigte im Einkom­men­steu­er­be­scheid nur die Entfer­nungs­pau­schale, die es um den steuer­freien Fahrt­kos­ten­er­satz kürzte (= 2.120 €).

Beruf­lich veran­lasste Fahrt­kosten sind Erwerbs­auf­wen­dungen. Handelt es sich bei den Aufwen­dungen des Arbeit­neh­mers um Wege zwischen Wohnung und erster Tätig­keits­stätte, kann grund­sätz­lich nur die Entfer­nungs­pau­schale für jeden vollen Kilometer der Entfer­nung zwischen Wohnung und erster Tätig­keits­stätte von 0,30 € angesetzt werden. Erste Tätig­keits­stätte ist die ortsfeste betrieb­liche Einrich­tung des Arbeit­ge­bers, eines verbun­denen Unter­neh­mens oder eines vom Arbeit­geber bestimmten Dritten, dem der Arbeit­nehmer dauer­haft zugeordnet ist. Von einer dauer­haften Zuord­nung ist insbe­son­dere auszu­gehen, wenn der Arbeit­nehmer unbefristet, für die Dauer des Dienst­ver­hält­nisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätig­keits­stätte tätig werden soll.

Das Finanz­ge­richt ist zu Unrecht davon ausge­gangen, dass der Betrieb des Entlei­hers die erste Tätig­keits­stätte des Klägers war. Für die Beurtei­lung ist das Arbeits­ver­hältnis zwischen dem Kläger und der Entleih­firma maßgeb­lich (sog. Leihar­beits­ver­hältnis). Der BFH gab dem Kläger Recht, weil für das Aufsu­chen einer ersten Tätig­keits­stätte auf die arbeits­recht­liche Zuord­nungs­ent­schei­dung des Arbeit­ge­bers abzustellen ist. Dabei kommt es in Fällen der Arbeit­neh­mer­über­las­sung grund­sätz­lich nicht auf die Verein­ba­rungen zwischen dem Verleiher und dem Entleiher an. Das Arbeits­ver­hältnis des Klägers zu seinem Arbeit­geber (Perso­nal­dienst­leister) war unbefristet. Die Überlas­sung des Klägers an den Entleiher erfolgte dennoch jeweils befristet. Der weitere Einsatz des Klägers bei dem Entleiher war somit davon abhängig, dass der Entleiher nach Ablauf der jewei­ligen Frist mit dem Perso­nal­dienst­leister eine weitere (wiederum befris­tete) Arbeit­neh­mer­über­las­sung verein­barte. 

Fazit: Der Kläger stand in einem unbefris­teten Arbeits­ver­hältnis zum Verleiher. Damit war der Kläger bezogen auf die betrieb­liche Einrich­tung beim Entleiher weder unbefristet noch für die Dauer seines Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses zugeordnet. Somit kann der Kläger seine Fahrkosten nach den vorteil­haften Grund­sätzen geltend machen, die für Dienst­reisen gelten.

Quelle: BFH | Urteil | VI R 32/20 | 11-05-2022