Für ein behin­dertes Kind wird Kinder­geld gewährt, wenn die Behin­de­rung vor Vollendung des 25. Lebens­jahrs einge­treten ist und das Kind außer­stande ist, sich selbst zu unter­halten. Ein behin­dertes Kind ist dann außer­stande, sich selbst zu unter­halten, wenn es seinen Lebens­un­ter­halt nicht bestreiten kann. Zur Überprü­fung sind zwei Bezugs­größen heran­zu­ziehen: 

  1. der gesamte existen­zi­elle Lebens­be­darf des Kindes, der aus Grund­be­darf und dem behin­de­rungs­be­dingten Mehrbe­darf besteht und 
  2. die finan­zi­ellen Mittel, die ihm zur Verfü­gung stehen.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin ist Mutter einer im März 1987 geborenen Tochter, deren Schwer­be­hin­der­ten­aus­weis einen Grad der Behin­de­rung von 70 und das Merkzei­chen G aufweist. Die Tochter ist verhei­ratet und hatte mit ihrem Ehemann einen im Jahr 2017 geborenen Sohn (Enkel der Klägerin). Der Ehemann ist zudem Vater eines weiteren Kindes aus einer früheren Bezie­hung, für das er Unter­halt in Höhe von monat­lich 305 € zahlt. Nach Eingang angefor­derter Belege über die finan­zi­elle Situa­tion der Familie hob die Famili­en­kasse die Festset­zung des Kinder­geldes ab November 2018 auf. 

Der BFH hat Folgendes entschieden: 

  • Die außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tungen, die mit einer Behin­de­rung zusam­men­hängen, können einzeln nachge­wiesen werden oder mit dem maßgeb­li­chen Pausch­be­trag gem. § 33b EStG angesetzt werden. Wird Pflege­geld gezahlt, welches den Behin­derten-Pausch­be­trag übersteigt, ist zu vermuten, dass mindes­tens ein Mehrbe­darf in Höhe des gezahlten Pflege­geldes besteht.
  • Das Pflege­geld, das für ein behin­dertes Kind gezahlt wird, ist bei den finan­zi­ellen Mitteln, die dem Kind zur Verfü­gung stehen, als Bezug zu berück­sich­tigen. 
  • Bei der Prüfung, ob dem behin­derten Kind gegen­über seinem Ehegatten ein Unter­halts­an­spruch zusteht, mindern die vom Ehegatten auf sein Einkommen geleis­teten Steuern (Lohnsteuer, Solida­ri­täts­zu­schlag, Kirchen­steuer) und Sozial­ver­si­che­rungs­bei­träge das für Unter­halts­leis­tungen zur Verfü­gung stehende Einkommen.
  • Der vom Ehegatten des behin­derten Kindes an ein (gemein­sames oder nicht gemein­sames) minder­jäh­riges Kind geleis­tete Unter­halt mindert die Mittel, die für den Ehegat­ten­un­ter­halt zur Verfü­gung stehen.
Quelle: BFH | Urteil | III R 13/21 | 19-10-2022