Wird die private Nutzung eines Firmen-PKW nach der 1%-Regelung ermit­telt, ist nach einer Billig­keits­re­ge­lung der Finanz­ver­wal­tung der 1%-Wert durch die Höhe der tatsäch­lich entstan­denen Kfz-Kosten begrenzt (= Kosten­de­cke­lung). Ermit­telt der Steuer­pflich­tige seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist es zulässig, wenn zur Berech­nung der jährli­chen Gesamt­kosten eines genutzten Leasing­fahr­zeugs die Leasing­son­der­zah­lung, die bei Vertrags­schluss geleistet wurde, perioden­ge­recht auf die einzelnen Jahre des Leasing­zeit­raums verteilt wird.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger leaste im Zeitraum 19.1.2015 bis 18.1.2018 einen PKW (Brutto­lis­ten­preis 55.800 €). Im Januar 2015 leistete er eine Leasing­son­der­zah­lung in Höhe von 13.361,34 € sowie ab Februar 2015 monat­liche Leasing­raten von 250 €. Das Fahrzeug nutzte er zu mehr als 50% für betrieb­liche Zwecke. Ein Fahrten­buch führte er nicht. 

Der Entnah­me­wert für die Privat­nut­zung nach der 1%-Regelung betrug im Streit­jahr 6.696 €. In seiner Einnahmen-Überschuss-Rechnung nahm der Kläger eine Decke­lung auf die Kfz-Kosten vor, die im Streit­jahr tatsäch­lich angefallen waren. Er setzte den Entnah­me­wert der privaten Kfz-Nutzung daher mit 5.797 € an. In die Ermitt­lung der tatsäch­li­chen Kfz-Kosten für das Streit­jahr bezog er die im Jahr 2015 geleis­tete Leasing­son­der­zah­lung nicht (anteilig) mit ein. Das Finanzamt vertrat die Auffas­sung, dass die Regelung zur Kosten­de­cke­lung nicht anwendbar ist. Bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung müsse die Leasing­son­der­zah­lung gleich­mäßig über den gesamten Leasing­zeit­raum verteilt werden, sodass unter Berück­sich­ti­gung der antei­ligen Leasing­son­der­zah­lung die Höhe der tatsäch­lich entstan­denen Kfz-Kosten über dem 1%-Wert liegt.

Der BFH hat entschieden, dass das Finanzamt den Entnah­me­wert für die Privat­nut­zung des betrieb­li­chen Kfz zutref­fend ermit­telt hat. Der BFH begründet dies wie folgt: 

Die Regelung zur Kosten­de­cke­lung stellt eine Billig­keits­re­ge­lung dar. Verwal­tungs­an­wei­sungen, die eine Billig­keits­re­ge­lung zum Inhalt haben, können zu einer Selbst­bin­dung der Verwal­tung führen. Die Finanz­be­hörden dürfen die Anwen­dung in Einzel­fällen, die offen­sicht­lich von der Verwal­tungs­an­wei­sung gedeckt werden, nicht ohne triftige Gründe ablehnen. Der Steuer­pflich­tige hat grund­sätz­lich einen Rechts­an­spruch darauf, nach Maßgabe der allge­meinen Verwal­tungs­an­wei­sungen besteuert zu werden.

Allge­meine Verwal­tungs­an­wei­sungen dürfen nicht in gleicher Weise wie Gesetze ausge­legt werden. Maßgeb­lich ist daher nicht, wie das Gericht eine solche Verwal­tungs­an­wei­sung versteht, sondern wie die Verwal­tung sie verstanden hat und verstanden wissen wollte. Die Befugnis der Gerichte ist daher darauf beschränkt zu überprüfen, ob die Ausle­gung der Verwal­tungs­an­wei­sung durch die Behörde möglich ist und nicht den gesetz­lich vorge­ge­benen Rahmen überschreitet. Die Ausle­gung zur Kosten­de­cke­lung dahin, dass die Leasing­son­der­zah­lung in die Gesamt­kosten des Kfz einzu­be­ziehen ist, indem sie auf die Laufzeit des Leasing­ver­trags verteilt wird, ist möglich.

Bei einer Bilan­zie­rung müssen die Gesamt­kosten perioden­ge­recht den jewei­ligen Nutzungs­zeit­räumen zugeordnet werden. Für die Leasing­son­der­zah­lung ist ein Rechnungs­ab­gren­zungs­posten zu bilden, der verteilt über die Nutzungs­dauer in die Gesamt­kosten einbe­zogen wird. Würde man bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung keine Vertei­lung der Leasing­son­der­zah­lung vornehmen, würde es - abhängig von der Art der Gewinn­ermitt­lung - bei gleich hoher Privat­nut­zung und identi­schen Gesamt­kosten zu einer unter­schied­lich hohen Entnah­me­be­steue­rung kommen.

Fazit: Die Ausle­gung der Finanz­ver­wal­tung, dass eine Leasing­son­der­zah­lung zur Ermitt­lung der Gesamt­kosten auch bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung perioden­ge­recht auf die betrof­fenen Jahre des Leasing­zeit­raums zu verteilen ist, dient somit auch dazu, eine gleich­heits­ge­rechte Entnah­me­be­steue­rung - unabhängig von der Art der Gewinn­ermitt­lung - zu gewähr­leisten.

Hinweis: Diese Entschei­dung des BFH hat keine Auswir­kung auf den Betriebs­aus­ga­ben­abzug, weil es bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung allein darauf ankommt, wann die Leasing­son­der­zah­lung abgeflossen ist.

Quelle: BFH | Urteil | VIII R 11/20 | 16-05-2022