Der Verkauf von Waren ist grund­sätz­lich eine typische Handels­tä­tig­keit, die nicht die Voraus­set­zungen eines steuer­lich privi­le­gierten Zweck­be­triebs erfüllt.

Praxis-Beispiel:
Ein einge­tra­gener gemein­nüt­ziger Verein vertritt als Selbst­hil­fe­or­ga­ni­sa­tion die Inter­essen von blinden und stark sehbe­hin­derten Menschen. In diesem Zusam­men­hang verkaufte er ebenso wie die Klägerin Hilfs­mittel für blinde und sehbe­hin­derte Menschen über ein Laden­ge­schäft, auf Messen und über das Internet. Die Klägerin, die Waren für blinde und sehbe­hin­derte Menschen verkauft, hatte sich mit einer Konkur­ren­ten­klage gegen die Anwen­dung des ermäßigten Umsatz­steu­er­satzes auf die durch den Verein erbrachten Leistungen gewandt. Finanzamt und Finanz­ge­richt hatten die Umsätze des Vereins als Leistungen einer Körper­schaft, die ausschließ­lich und unmit­telbar gemein­nüt­zige Zwecke im Rahmen eines Zweck­be­triebs verfolgt, mit dem ermäßigten Steuer­satz besteuert. Zu den steuer­lich begüns­tigten Zweck­be­trieben gehören u.a. Einrich­tungen, die zur Fürsorge für blinde Menschen unter­halten werden.

Der BFH hat das Urteil des Finanz­ge­richts aufge­hoben, weil dieses die Konkur­ren­ten­klage der Klägerin zu Unrecht als unbegründet abgewiesen hat. Das FG hat die Anfor­de­rungen an einen begüns­tigten Zweck­be­trieb verkannt und deshalb die Leistungen des Vereins zu Unrecht als umsatz­steu­er­be­güns­tigt beurteilt. Der bloße Verkauf von Blinden­hilfs­mit­teln ist nicht begüns­tigt, wenn er ledig­lich mit einer allge­mein im Fachhandel üblichen, produkt- und anwen­dungs­be­zo­genen Beratung einher­geht. Eine Blinden­für­sorge kann dagegen vorliegen, wenn z. B. neu erblin­deten Personen neben einer reinen Produkt­be­ra­tung weitere (fürsor­ge­ori­en­tierte) Hilfe­stel­lungen gegeben werden oder wenn Verkaufs­tä­tig­keiten im Zusam­men­hang mit einem unent­gelt­li­chen Kursan­gebot zur Förde­rung der gemein­nüt­zigen Tätig­keit stehen. Ob das der Fall ist, muss das Finanz­ge­richt nun im zweiten Rechts­gang klären.

Quelle: BFH | Urteil | V R 12/20 | 16-11-2022