Beim Erwerb eines Grund­stücks mindert die übernom­mene Instand­hal­tungs­rück­lage nicht die Bemes­sungs­grund­lage für die Grund­er­werb­steuer.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin ist im Bereich der Verwal­tung von Liegen­schaften und des An- und Verkaufs von Immobi­lien im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig. Sie erwarb in 2016 mit notari­ellem Vertrag mehrere Teilei­gen­tums­rechte an einer Immobilie. Nach dem Kaufver­trag sollte der Anteil des Verkäu­fers an den gemein­schaft­li­chen Geldern (u.a. Instand­hal­tungs­rück­stel­lung) bei Besitz­über­gang auf die Klägerin übergehen. Der Gesamt­kauf­preis betrug 40.000 € und wurde von der Klägerin auf die einzelnen Teilei­gen­tums­rechte verteilt. Das Finanzamt setzte daraufhin die Grund­er­werb­steuer in Höhe von 2.600 € auf Basis einer Bemes­sungs­grund­lage von 40.000 € fest. Die Klägerin legte Einspruch ein und machte geltend, dass die Bemes­sungs­grund­lage um die miter­wor­benen Guthaben aus der Instand­hal­tungs­rück­stel­lung von insge­samt 14.815,19 € gemin­dert werden müsse. Das Finanzamt lehnte dies ab.

Nach dem GrEStG ist grund­sätz­lich der Kaufpreis als Bemes­sungs­grund­lage anzusetzen. Eine Auftei­lung des Kaufpreises ist nur dann erfor­der­lich, wenn der Kaufver­trag Gegen­stände umfasst, deren Erwerb nicht der Grund­er­werb­steuer unter­liegt. Nach dem Urteil des Finanz­ge­richts gehört die antei­lige Instand­hal­tungs­rück­stel­lung nicht dazu. Diese ist Teil des Verwal­tungs­ver­mö­gens der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft. Es handelt sich somit nicht um Vermögen des Wohnungs­ei­gen­tü­mers, sondern um Vermögen eines anderen Rechts­sub­jekts. Die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft ist ein eigener vom jewei­ligen Mitglie­der­be­stand unabhän­giger teilrechts­fä­higer und partei­fä­higer Verband. Ihr gehört das Verwal­tungs­ver­mögen. Die Wohnungs­ei­gen­tümer haben aus grund­er­werb­steu­er­li­cher Sicht somit keinen Anteil am Verwal­tungs­ver­mögen, über den sie verfügen können. 

Auch wenn verein­bart wurde, dass ein Teil des Kaufpreises „für die Übernahme des in der Instand­hal­tungs­rück­stel­lung angesam­melten Gutha­bens“ geleistet wird, kann dieser Verein­ba­rung und der Instand­hal­tungs­rück­stel­lung im Kaufver­trag kein eigen­stän­diger Wert zugemessen werden. Es handelt sich somit nicht um einen Aufwand für die Übertra­gung einer geldwerten Vermö­gens­po­si­tion, die unter den Grund­stücks­be­griff des Grund­er­werb­steu­er­ge­setzes fällt. Ein rechts­ge­schäft­li­cher Erwerb dieser Position ist zivil­recht­lich nicht möglich. Das Finanz­ge­richt hat in seiner Entschei­dung ausdrück­lich klarge­stellt, dass dabei unbeacht­lich ist, wie die Instand­hal­tungs­rück­stel­lung ertrag­steu­er­lich zu behan­deln ist.

Die Entschei­dung des BFH (Urteil vom 5.10.2011 - I R 94/10), wonach die (ertrag­steu­er­liche) bilan­zi­elle Behand­lung einer Betei­li­gung eines Wohnungs­ei­gen­tü­mers an einer Instand­hal­tungs­rück­stel­lung mit dem Betrag der geleis­teten und noch nicht verbrauchten Einzah­lungen zu aktivieren ist, hat keinen Einfluss auf die Grund­er­werb­steuer.

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Köln, 2 K 158/20 | 20-06-2023