Ein Tätig­werden in einem weiträu­migen Tätig­keits­ge­biet liegt nur vor, wenn der Arbeit­nehmer die vertrag­lich verein­barte Arbeits­leis­tung auf einer festge­legten Fläche und nicht inner­halb einer ortsfesten betrieb­li­chen Einrich­tung des Arbeit­ge­bers auszu­üben hat.

Praxis-Beispiel:
Ein Hafen­ar­beiter ist im Rahmen der Arbeit­neh­mer­über­las­sung bei verschie­denen Hafen­ein­zel­be­trieben im Hamburger Hafen tätig. Der Kläger erklärte im Rahmen der Arbeit­neh­mer­über­las­sung tätig zu werden. Danach verpflich­tete er sich "nach Bedarf gegebe­nen­falls zu entspre­chenden Arbeiten in einer anderen Abtei­lung, Betriebs­stätte oder in einem Betei­li­gungs­un­ter­nehmen des Arbeit­ge­bers einsetzen zu lassen". Außerdem gab der Kläger "sein unwider­ruf­li­ches Einver­ständnis sich auf Weisung des Arbeit­ge­bers in anderen Hafen­ein­zel­be­trieben einsetzen zu lassen". In seiner Steuer­erklä­rung gab der Kläger Fahrten von seiner Wohnung zu dem Hafen­zu­gang als Weg zwischen Wohnung und erster Tätig­keits­stätte an und begehrte den Ansatz der Entfer­nungs­pau­schale von 2.509,20 €. Für die Fahrten inner­halb des Hafen­ge­ländes machte er die tatsäch­li­chen Fahrt­kosten in Höhe von (6.708 km x 0,30 €/​km =) 2.013 € geltend. Das Finanzamt veran­lagte den Kläger erklä­rungs­gemäß. Er legte Einspruch ein und beantragte, dass für die Fahrten zwischen Wohnung und Hafen­zu­fahrt anstelle der (ursprüng­lich beantragten) Entfer­nungs­pau­schale die tatsäch­li­chen Kosten in Höhe von 5.018,40 € anzusetzen seien, weil er im Hafen­ge­biet keine erste Tätig­keits­stätte gehabt habe.

Für die Wege des Arbeit­neh­mers zwischen Wohnung und erster Tätig­keits­stätte ist grund­sätz­lich eine Entfer­nungs­pau­schale für jeden vollen Kilometer der Entfer­nung zwischen Wohnung und erster Tätig­keits­stätte anzusetzen. Hat ein Arbeit­nehmer keine erste Tätig­keits­stätte und hat er nach den dienst- oder arbeits­recht­li­chen Festle­gungen sowie den diese ausfül­lenden Abspra­chen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruf­li­chen Tätig­keit dauer­haft denselben Ort oder dasselbe weiträu­mige Tätig­keits­ge­biet typischer­weise arbeits­täg­lich aufzu­su­chen, gilt ebenfalls die Entfer­nungs­pau­schale für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächst­ge­le­genen Zugang zum Tätig­keits­ge­biet entspre­chend. Für die Fahrten inner­halb des weiträu­migen Tätig­keits­ge­biets sind die tatsäch­li­chen Aufwen­dungen für die Fahrten oder die pauschalen Kilome­ter­sätze anzusetzen, die für das jeweils benutzte Beför­de­rungs­mittel (Fahrzeug) als höchste Wegstre­cken­ent­schä­di­gung nach dem Bundes­rei­se­kos­ten­ge­setz festge­setzt sind.

Ein Tätig­werden in einem weiträu­migen Tätig­keits­ge­biet liegt nur vor, wenn der Arbeit­nehmer die vertrag­lich verein­barte Arbeits­leis­tung auf einer festge­legten Fläche und nicht inner­halb einer ortsfesten betrieb­li­chen Einrich­tung des Arbeit­ge­bers auszu­üben hat. Arbeit­nehmer, die ihrer eigent­li­chen Tätig­keit in einer ortsfesten betrieb­li­chen Einrich­tung nachgehen, werden von der Vorschrift folglich nicht erfasst, auch wenn ihnen ein bestimmtes Tätig­keits­ge­biet zugewiesen ist und sie dort in verschie­denen ortsfesten betrieb­li­chen Einrich­tungen tätig werden.

Fazit: Der Kläger wurde nicht auf einer festge­legten Fläche, sondern aufgrund (tages­ak­tu­eller) Weisungen in ortsfesten betrieb­li­chen Einrich­tungen von (vier) Kunden seines Arbeit­ge­bers tätig. Somit liegt kein weiträu­miges Tätig­keits­ge­biet vor. Darauf, dass sich alle Einsatz­orte des Klägers auf dem Gebiet des Hamburger Hafens befinden, kommt es insoweit nicht an.

Quelle: BFH | Urteil | VI R 4/21 | 14-02-2023