Übt ein Unternehmer/​Freiberufler seine Tätig­keit im Arbeits­zimmer aus oder hat er mehrere Betriebs­stätten bzw. mehrere Büros, stellt sich immer die Frage, bei welchen Fahrten es sich um auswär­tige Tätig­keiten oder um Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebs­stätte handelt, bei denen nur die Entfer­nungs­paus­schale angesetzt werden kann. Die Regelungen, die für Arbeit­nehmer gelten, sind sinngemäß auf Unter­nehmer anzuwenden. Ist die Entfer­nungs­pau­schale anzusetzen, bucht der Unter­nehmer die nicht abzieh­baren Kosten auf das Buchfüh­rungs­konto "Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs­stätte und Famili­en­heim­fahrten (nicht abzieh­barer Anteil)".

Sucht der Unter­nehmer mehrere Betriebs­stätten auf, ist die erste Betriebs­stätte anhand quanti­ta­tiver Merkmale zu bestimmen. Von einer ersten Betriebs­stätte ist auszu­gehen, wenn es sich um eine Tätig­keits­stätte handelt, die der Unter­nehmer typischer­weise

  • arbeits­täg­lich oder
  • je Woche an 2 vollen Arbeits­tagen oder
  • mindes­tens zu 1/3 der regel­mä­ßigen Arbeits­zeit

aufsucht. Treffen diese Krite­rien auf mehrere Betriebs­stätten zu, ist die Betriebs­stätte als erste Betriebs­stätte anzusehen, die am nächsten zur Wohnung liegt. Fahrten zu weiter entfernt liegenden Betriebs­stätten sind als Auswärts­tä­tig­keiten zu beurteilen.

Konse­quenz:

  • Freiberufler/​Unternehmer dürfen bei der Nutzung eines Firmen­wa­gens für ihre Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebs­stätte nur die Entfer­nungs­pau­schale geltend machen. 
  • Für das Jahr 2021 gilt ab dem 21. Entfer­nungs­ki­lo­meter die erhöhte Entfer­nungs­pau­schale von 0,35 € und für die Jahre 2022 bis 2026 von 0,38 €. 
  • Für die Entfer­nungen bis zu 20 km ist unver­än­dert eine Entfer­nungs­pau­schale von 0,30 € zu berück­sich­tigen.
  • Der Gewinn muss um die nicht abzieh­baren Aufwen­dungen erhöht werden.
  • Nutzt der Unternehmer/​Freiberufler ein privates Fahrzeug, kann er die Entfer­nungs­pau­schale als Betriebs­aus­gabe geltend machen (Buchung über Privat­ein­lage).

Praxis-Beispiel:
Ein Unter­nehmer benutzt von Januar bis Dezember 2022 (an 165 Arbeits­tagen) für die Wege von seiner Wohnung zur 80 km entfernten ersten Betriebs­stätte und zurück den eigenen privaten PKW. Dann verlegt er seinen Wohnsitz. Von der neuen Wohnung aus gelangt er ab Oktober (an 55 Arbeits­tagen) zur nunmehr nur noch 5 km entfernten ersten Betriebs­stätte mit dem Bus. Hierfür entstehen ihm tatsäch­liche Kosten in Höhe von (3 x 70 € =) 210 €. 

Für die Strecken mit dem eigenen privaten PKW ergibt sich eine Entfer­nungs­pau­schale von 165 Arbeits­tagen x 20 km x 0,30 € = 990 € zuzüg­lich 165 Arbeits­tage x (80 - 20 =) 60 km x 0,38 € = 3.762 € = 4.752 €. Für die Strecke mit dem Bus errechnet sich eine Entfer­nungs­pau­schale von 55 Arbeits­tagen x 5 km x 0,30 € = 83 €. Die insge­samt im Kalen­der­jahr anzuset­zende Entfer­nungs­pau­schale beträgt 4.835 € (4.752 € + 83 €).

Die tatsäch­lich angefal­lenen Aufwen­dungen für die Nutzung der öffent­li­chen Verkehrs­mittel (210 €) können nicht anger­setzt werden, weil die Entfer­nungs­pau­schale für das gesamte Jahr höher ist.

Quelle: EStG | Gesetz­liche Regelung | § 4 Abs 5 Nr. 6 und § 9 Abs. 4 | 09-06-2022