Entlas­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hende

Eine Mutter, die ganzjährig allein­ste­hend ist und nicht mit ihrem Ehemann zusam­men­lebt, erfüllt nicht die Voraus­set­zungen der Zusam­men­ver­an­la­gung und hat Anspruch auf einen Entlas­tungs­be­trag, wenn sie keine Haushalts­ge­mein­schaft mit einer volljäh­rigen Person bildet.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin erzielte 2016 neben ihren Einkünften aus nicht­selb­stän­diger Arbeit noch Einkünfte aus Vermie­tung und Verpach­tung. Die Klägerin ist Mutter zweier Kinder, die in den Jahren 1995 und 1998 geboren wurden und die sich im Jahr 2016 in der Berufs­aus­bil­dung bzw. im Studium befanden. Die Klägerin wohnte mit ihren beiden Kindern in einem Einfa­mi­li­en­haus, in dem die beiden Kinder auch gemeldet waren. Eigen­tümer des Einfa­mi­li­en­hauses mit 133,67 m², waren die Klägerin und ihr früherer Ehemann. Der frühere Ehemann wohnte nicht mehr in dem Einfa­mi­li­en­haus.

Ab dem 1.8.2016 vermie­tete die Klägerin zwei in dem Einfa­mi­li­en­haus befind­liche Zimmer mit einer Größe von jeweils 11 m² an zwei syrische Brüder, die zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig waren. Nach den beiden Mietver­trägen durften beide Syrer das Bad, die Küche und das Wohnzimmer mitbe­nutzen. Die monat­liche Miete betrug jeweils € 197,76 €. Die beiden Syrer erhielten Sozial­leis­tungen nach dem SGB II; das Gericht nimmt auf die entspre­chenden Bewil­li­gungs­be­scheide vom 20.10.2016 und 16.12.2016 Bezug. Die Klägerin erhielt für die beiden Syrer kein Kinder­geld. Die Klägerin erklärte für 2016 einen Verlust aus Vermie­tung und Verpach­tung in Höhe von 2.502 €, der auf der Vermie­tung der beiden Zimmer an die syrischen Brüder beruhte. Ferner beantragte sie einen Entlas­tungs­be­trag für Allein­er­zieher für die zwei eigenen Kinder.

Das Finanzamt erkannte den Verlust aus den Einkünften aus Vermie­tung und Verpach­tung an, berück­sich­tigte aber nicht den Entlas­tungs­be­trag für Allein­er­zieher, weil noch eine weitere volljäh­rige Person im Haushalt gewohnt und eine Haushalts­ge­mein­schaft mit der Klägerin begründet habe. 

Zum Haushalt der Klägerin gehörten zwei (eigene) Kinder und damit mindes­tens ein Kind im Sinne der Vorschrift. Die Klägerin wohnte nämlich mit ihren beiden im Jahr 1995 bzw. 1998 geborenen Kindern im selben Haushalt. Der Klägerin stand für die beiden Kinder Kinder­geld zu, da sich ihre Kinder in der Ausbil­dung bzw. im Studium befanden. Die Zugehö­rig­keit der Kinder der Klägerin zu ihrem Haushalt steht fest, da die Kinder zusammen mit ihr das Einfa­mi­li­en­haus bewohnten und dort auch gemeldet waren.

Sie unter­hielt mit dem volljäh­rigen Syrer keine Haushalts­ge­mein­schaft. Die Klägerin hat diese gesetz­liche Vermu­tung aber wider­legt, weil sie glaub­haft gemacht oder zweifels­frei versi­chert hat, dass keine Haushalts­ge­mein­schaft besteht. Die gesetz­liche Vermu­tung wird bereits dadurch wider­legt, dass der volljäh­rige Syrer als Mieter im Haushalt wohnte. Er zahlte damit eine Miete an die Klägerin und war als Mieter typischer­weise nicht an der Haushalts­füh­rung betei­ligt und typischer­weise auch nicht verpflichtet, über seine Miete hinaus finan­zi­elle Beiträge zum Haushalt der Klägerin zu leisten. Ein gemein­sames Wirtschaften, sodass der Volljäh­rige zu den Kosten des gemein­samen Haushalts beitrug, war nicht vorhanden.

Der Steuer­pflich­tige hätte hiervon profi­tiert, indem seine Kosten durch eine finan­zi­elle Betei­li­gung des Volljäh­rigen reduziert würden oder indem sein Arbeits­auf­wand durch eine Betei­li­gung des Volljäh­rigen an den Hausar­beiten entlastet würde. Beides ist hier nicht der Fall.

Zu Recht weist die Klägerin auf den Wider­spruch hin, der sich daraus ergibt, dass die Finanz­ver­wal­tung die Aufnahme volljäh­riger Kriegs­flücht­linge aus der Ukraine nicht als steuer­lich schäd­lich hinsicht­lich des Allein­er­zieher-Entlas­tungs­be­trags ansieht, zumal es bei Ukrai­nern nicht auf die Stellung als Mieter ankommen soll. Deshalb kann auch bei Flücht­lingen aus Syrien nichts anderes gelten.

Quelle: Finanz­ge­richte | Entschei­dung | FG Berlin-Branden­burg, 6 K 6205/19 | 27-02-2023
21. April 2023|

Entlas­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hende

Allein­ste­hende Personen haben einen Anspruch auf einen Entlas­tungs­be­trag von 4.008 €, wenn sie mit mindes­tens einem Kind, für das sie Kinder­geld oder einen Kinder­frei­be­trag erhalten, in der gemein­samen Wohnung in einer Haushalts­ge­mein­schaft leben. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Entlas­tungs­be­trag um 240 €. Allein­ste­hende dürfen mit anderen Personen (außer den Kindern) keine Haushalts­ge­mein­schaft bilden. Als allein­ste­hend ist in der Regel nur ein Steuer­pflich­tiger anspruchs­be­rech­tigt, der nicht die Voraus­set­zungen für die Anwen­dung des Split­ting-Verfah­rens erfüllt. Somit kann ein Steuer­pflich­tiger allein­ste­hend sein, 

  • der nicht verheiratet/​verpartnert ist oder
  • der verheiratet/​verpartnert ist, aber dauernd getrennt lebt oder
  • der im Veran­la­gungs­zeit­raum eine Ehe/​Lebenspartnerschaft schließt oder
  • der verwitwet ist oder
  • dessen Ehegatte/​Lebenspartner im Ausland lebt und nicht unbeschränkt einkom­men­steu­er­pflichtig ist. 

Weitere Voraus­set­zung ist, dass der Steuer­pflich­tige keine Haushalts­ge­mein­schaft mit einer anderen volljäh­rigen Person bildet. Es ist aller­dings unschäd­lich, wenn es sich bei der anderen volljäh­rigen Person um ein leibli­ches Kind, Adoptiv-, Pflege-, Stief- oder Enkel­kind handelt, für das dem Steuer­pflich­tigen ein Kinder­frei­be­trag oder Kinder­geld zusteht. Eine Haushalts­ge­mein­schaft mit einer anderen volljäh­rigen Person liegt vor, wenn der Steuer­pflich­tige und die andere Person in einer gemein­samen Wohnung gemeinsam wirtschaften. Ein gemein­sames Wirtschaften kann darin bestehen, dass die andere volljäh­rige Person zu den Kosten beiträgt und/​oder tatsäch­lich im Haushalt mithilft. Auf den Umfang der Hilfe oder des Anteils an den im Haushalt anfal­lenden Arbeiten kommt es regel­mäßig nicht an.

Das Kind, für das dem Steuer­pflich­tigen ein Kinder­frei­be­trag oder Kinder­geld zusteht, gehört zum Haushalt des Steuer­pflich­tigen, wenn es in der Wohnung des Steuer­pflich­tigen gemeldet ist, dauer­haft in dessen Wohnung lebt oder mit seiner Einwil­li­gung vorüber­ge­hend, z. B. zu Ausbil­dungs­zwe­cken, auswärtig unter­ge­bracht ist. Ist ein Kind annähernd gleich­wertig in die beiden Haushalte seiner allein­ste­henden Eltern aufge­nommen, können die Eltern (unabhängig davon, an wen das Kinder­geld ausge­zahlt wird) unter­ein­ander bestimmen, wem der Entlas­tungs­be­trag zustehen soll. Diese Wahlmög­lich­keit besteht nicht, wenn einer der Berech­tigten bei seiner Veran­la­gung oder durch Berück­sich­ti­gung der Steuer­klasse II beim Lohnsteu­er­abzug den Entlas­tungs­be­trag bereits in Anspruch genommen hat. Treffen die Eltern keine Bestim­mung über die Zuord­nung des Entlas­tungs­be­trags, steht er demje­nigen zu, an den das Kinder­geld ausge­zahlt wird.

Ist das Kind in den Wohnungen beider Eltern­teile gemeldet und ist nur ein Eltern­teil allein­ste­hend, ist diesem Eltern­teil der Entlas­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hende unabhängig davon zu gewähren, ob dieser die Voraus­set­zungen für die Auszah­lung des Kinder­geldes erfüllt oder erfüllen würde.

Praxis-Beispiel:
Die geschie­denen Eltern haben eine gemein­same zehnjäh­rige Tochter. Die Mutter hat im Jahr 01 erneut gehei­ratet und lebt während des ganzen Jahres mit dem neuen Ehegatten und der Tochter in einem gemein­samen Haushalt. Die Tochter ist sowohl in der Wohnung der Mutter als auch in der Wohnung des Vaters gemeldet. Die Mutter erhält das Kinder­geld.

Der Vater kann den Entlas­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hende in Anspruch nehmen. Er ist allein­ste­hend und die Tochter gehört zu seinem Haushalt. Die Mutter kann den Entlas­tungs­be­trag nicht in Anspruch nehmen. Sie ist nicht allein­ste­hend, da sie während des gesamten Jahres 01 in einer Haushalts­ge­mein­schaft mit einer anderen volljäh­rigen Person lebt.

Der Entlas­tungs­be­trag kann nur gewährt werden, wenn das Kind durch seine Identi­fi­ka­ti­ons­nummer identi­fi­ziert wird. Der Entlas­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hende ist ein Jahres­be­trag, der in jedem Veran­la­gungs­zeit­raum insge­samt nur einmal in Anspruch genommen werden kann. Eine Auftei­lung zwischen den Haushalten allein­er­zie­hender Eltern­teile ist nicht möglich. Für jeden vollen Kalen­der­monat, in dem die Voraus­set­zungen für die Inanspruch­nahme des Entlas­tungs­be­trages dem Grunde nach nicht vorge­legen haben, ermäßigt sich der Betrag zeitan­teilig um ein Zwölftel.

Quelle: BMF-Schreiben | Veröf­fent­li­chung | IV C 8 - S 2265-a/22/10001 :001 | 22-11-2022
2. Dezember 2022|

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