Ein Arbeit­nehmer kann für seine Wege zwischen Wohnung und erster Tätig­keits­stätte für jeden Entfer­nungs­ki­lo­meter nur die Entfer­nungs­pau­schale geltend machen. Bei anderen beruf­lich veran­lassten Fahrten können die tatsäch­li­chen Aufwen­dungen oder die pauschalen Kilome­ter­sätze von 0,30 € je gefah­renen Kilometer abgezogen werden. Hat aber der Arbeit­geber festge­legt, dass der Arbeit­nehmer, der keine erste Tätig­keits­stätte hat, zur Aufnahme seiner beruf­li­chen Tätig­keit dauer­haft denselben Ort typischer­weise arbeits­täg­lich aufzu­su­chen hat, ist wiederum nur die Entfer­nungs­pau­schale anzusetzen.

Der BFH hat nun entschieden, wann von einem „typischer­weise arbeits­täg­li­chen Aufsu­chen“ eines vom Arbeit­geber festge­legten Sammel­punkts auszu­gehen ist und wann nicht.

Praxis-Beispiel:
Ein angestellter Bauma­schi­nen­führer gelangte zu den jewei­ligen Arbeits­orten (Baustellen) - entspre­chend einer betriebs­in­ternen Anwei­sung - jeweils mit einem Sammel­fahr­zeug seines Arbeit­ge­bers. Dies betraf sowohl Fahrten mit tägli­cher Rückkehr als auch Fahrten zu weiter entfernt liegenden Arbeits­orten, an denen der Arbeit­nehmer (mehrtägig) übernach­tete. Seine Einsätze auf den "Fernbau­stellen" dauerten in der Regel die gesamte Woche. Der Arbeit­nehmer machte für seine Fahrten zwischen Wohnung und Sammel­stelle die pauschalen Kilome­ter­sätze von 0,30 € je gefah­renen Kilometer geltend. Das Finanzamt berück­sich­tigte die Aufwen­dungen nur in Höhe der Entfer­nungs­pau­schale.

Entschei­dend ist, ob der Arbeit­nehmer von vornherein nach den arbeits­recht­li­chen Festle­gungen dauer­haft denselben Ort typischer­weise arbeits­täg­lich aufzu­su­chen hat. Typischer­weise meint "in der Regel üblich" bzw., "im Normal­fall". Nach Auffas­sung des BFH bedeutet dies, dass das Gesetz kein ausnahms­loses Aufsu­chen an sämtli­chen Arbeits­tagen voraus­setzt. Vielmehr erfor­dert das Gesetz nur, dass der Arbeit­nehmer diesen nach der Anwei­sung des Arbeit­ge­bers "typischer­weise arbeits­täg­lich" aufzu­su­chen hat.

Entgegen der Ansicht des BMF reicht es jedoch nicht aus, wenn der Arbeit­nehmer bei wechselnden Einsatz­orten weiß, dass er an jedem Arbeitstag, an dem er Fahrten von seiner Wohnung aus durch­führen wird, immer den Ort aufzu­su­chen hat, der vom Arbeit­geber zur Aufnahme seiner beruf­li­chen Tätig­keit festge­legt wurde. Die Auffas­sung des Finanz­ge­richts, dass es allein auf die Anzahl der Fahrten zur Sammel­stelle im Verhältnis zu den Gesamt­ar­beits­tagen ankommt, ist somit unzutref­fend.

Konse­quenzen für die Abgren­zung:

  • Steht von vornherein fest, dass der Arbeit­nehmer nicht nur auf eintä­gigen, sondern auch regel­mäßig auf mehrtä­gigen Baustellen einge­setzt wird, liegt kein typisches Aufsu­chen des Betriebs­sitzes bzw. des Sammel­punkts vor, sodass die tatsäch­li­chen Aufwen­dungen für Fahrten zwischen Wohnung und Sammel­punkt mit den tatsäch­li­chen Kosten abgerechnet werden können. Es steht dann von vornherein fest, dass der Arbeit­nehmer den Sammel­punkt an jedem Fahrtag, nicht aber an jedem Arbeitstag aufsu­chen soll. Nur ein typischer­weise „fahrtäg­li­ches“ Aufsu­chen reicht nicht aus.
  • Steht aber von vornherein fest, dass der Arbeit­nehmer regel­mäßig tageweise auf lokalen Baustellen einge­setzt wird, ist von einem typischer­weise „arbeits­täg­li­chen“ Aufsu­chen auszu­gehen, selbst wenn er ausnahms­weise auf Fernbau­stellen einge­setzt wird. Das bedeutet, dass für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs­sitz bzw. Sammel­punkt nur die Entfer­nungs­pau­schale angesetzt werden kann.
Quelle: BFH | Urteil | VI R 6/19 | 18-04-2021