Die finan­zi­elle Betei­li­gung an den Kosten der Lebens­füh­rung darf nicht erkennbar unzurei­chend sein. Ob dies der Fall ist, bedarf einer Prüfung des Einzel­falls. Eine bestimmte betrag­liche Grenze sieht das Gesetz nicht vor, ebenso wenig ist eine laufende Betei­li­gung erfor­der­lich.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger erzielte Einkünfte aus nicht­selb­stän­diger Arbeit. Er unter­hielt eine angemie­tete Wohnung, von der er täglich zu seiner Arbeits­stelle fuhr. Diese Wohnung wurde vom Kläger allein bewohnt und bestand aus zwei Zimmern sowie Küche und Bad. Zudem bewohnt der Kläger gemeinsam mit seinem Bruder eine Wohnung im Oberge­schoss seines Eltern­hauses. Diese Wohnung besteht aus zwei Schlaf­zim­mern, einem Wohnzimmer, einem Büro, einem kleinen Zimmer mit Sport­ge­räten sowie Küche und Bad. In dieser Wohnung verbringt der Kläger seine Wochen­enden sowie in der Regel seinen Jahres­ur­laub. Er ist Mitglied der freiwil­ligen Feuer­wehr und seit dem 1.2.2007 Mitglied im offizi­ellen Fanclub X. Im Streit­jahr erwarb der Kläger für sich und seinen Bruder Lebens­mittel und Getränke für 1.240,97 €. Im Dezember 2015 überwies er zudem 1.200 € mit dem Verwen­dungs­zweck "Nebenkosten/​Telekommunikation" sowie 550 € mit dem Verwen­dungs­zweck "Anteil neue Fenster in 2015" auf ein Konto seines Vaters. Mit Beginn des Jahres 2016 richtete die Familie ein "Haushalts­konto" ein, auf das der Kläger und sein Bruder monat­lich 100 € bzw. 150 € überweisen. Die Eltern zahlen monat­lich 200 bis 250 € ein.

Mit der Einkom­men­steu­er­erklä­rung beantragte der Kläger die Berück­sich­ti­gung von Aufwen­dungen für eine doppelte Haushalts­füh­rung von 6.746 € sowie Kosten für 47 Famili­en­heim­fahrten in Höhe von 1.199 € als Werbungs­kosten. Das Finanzamt berück­sich­tigte die geltend gemachten Beträge auch im Einspruchs­ver­fahren nicht als Werbungs­kosten, da eine ausrei­chende finan­zi­elle Betei­li­gung am gemein­samen Haushalt (Eltern und Brüder) nicht nachge­wiesen worden sei.

Steuer­lich liegt eine doppelte Haushalts­füh­rung nur vor, wenn eine Betei­li­gung am Haushalt vorliegt. Es ist daher nach wie vor entschei­dend, dass sich der Steuer­pflich­tige in dem betref­fenden Haushalt, im Wesent­li­chen nur unter­bro­chen durch die arbeits- und urlaubs­be­dingte Abwesen­heit, aufhält. Allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegent­liche Besuche oder für Ferien­auf­ent­halte ist insoweit nicht ausrei­chend. Der Steuer­pflich­tige muss des Weiteren als die Haushalts­füh­rung wesent­lich bestim­mender bzw. mitbe­stim­mender Teil anzusehen sein. Er darf nicht ledig­lich in einen anderen Hausstand einge­glie­dert sein, wie es regel­mäßig bei jungen Arbeit­neh­mern der Fall ist, die nach Beendi­gung der Ausbil­dung weiterhin im elter­li­chen Haushalt ihr Zimmer bewohnen. Die elter­liche Wohnung kann in einem dieser häufigen Fälle zwar, auch wenn das Kind am Beschäf­ti­gungsort eine Unter­kunft bezogen hat, wie bisher der Mittel­punkt der Lebens­in­ter­essen sein, sie ist aber nicht ein von dem Kind unter­hal­tener eigener Hausstand.

Der Steuer­pflich­tige kann einen eigenen Hausstand auch dann unter­halten, wenn der Erst- oder Haupt­h­aus­stand gemeinsam mit den Eltern oder einem Eltern­teil geführt wird. Bei älteren, wirtschaft­lich selbstän­digen, berufs­tä­tigen Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Eltern­teil in einem gemein­samen Haushalt leben, ist regel­mäßig davon auszu­gehen, dass sie die Führung des Haushalts maßgeb­lich mitbe­stimmen, so dass ihnen dieser Hausstand als "eigener" zugerechnet werden kann. Diese Regel­ver­mu­tung gilt insbe­son­dere, wenn die Wohnung am Beschäf­ti­gungsort dem Arbeit­nehmer im Wesent­li­chen nur als Schlaf­stätte dient. Denn dort ist regel­mäßig weder der Haupt­h­aus­stand noch der Mittel­punkt der Lebens­in­ter­essen des Steuer­pflich­tigen zu verorten.

Das Vorliegen eines eigenen Hausstands erfor­dert des Weiteren eine finan­zi­elle Betei­li­gung an den Kosten der Lebens­füh­rung. Bei der Kosten­be­tei­li­gung sieht das Gesetz keine bestimmte betrags­mä­ßige Grenze vor. Es muss sich - entgegen der Meinung des Finanz­amts - auch nicht um eine laufende Betei­li­gung im Sinne einer mietglei­chen Zahlung handeln. Auch aus der Geset­zes­be­grün­dung ergibt sich ein derar­tiges Erfor­dernis nicht. Deshalb kann sich der Steuer­pflich­tige dem Grunde nach auch durch Einmal­zah­lungen an den Kosten der Haushalts­füh­rung finan­ziell betei­ligen, sodass im vorlie­genden Fall eine doppelte Haushalts­füh­rung steuer­lich anzuer­kennen ist.

Quelle: BFH | Urteil | VI R 39/19 | 11-01-2023