Bei einer doppelten Haushalts­füh­rung müssen der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäf­ti­gungsort ausein­an­der­fallen. Nur dann ist der Arbeit­nehmer außer­halb des Ortes beschäf­tigt, in dem er einen eigenen Hausstand unter­hält. Somit liegt keine doppelte Haushalts­füh­rung vor, wenn der Steuer­pflich­tige aus beruf­li­chen Gründen einen Zweit­haus­halt am Beschäf­ti­gungsort führt und auch der vorhan­dene eigene Hausstand am Beschäf­ti­gungsort belegen ist.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger sind Eheleute und beziehen jeweils Einkünfte aus nicht­selb­stän­diger Tätig­keit sowie aus Vermie­tung und Verpach­tung. Der Kläger ist seit dem 1.8.2018 als Geschäfts­führer bei einer GmbH & Co. KG tätig. Die Entfer­nung zwischen der Wohnung des Klägers und seiner Arbeits­stätte beträgt ca. 30 km. Ab dem 13.2.2020 mietete der Kläger in der Nähe der GmbH & Co. KG eine Zweit­woh­nung mit einer Wohnfläche von 46,11 qm an. Zuvor hatte er eine Ferien­woh­nung angemietet. In ihrer Einkom­men­steu­er­erklä­rung machte der Kläger Umzugs­kosten und Mehrauf­wen­dungen für eine beruf­lich bedingte doppelte Haushalts­füh­rung geltend, die das Finanzamt nicht berück­sich­tigte. Vielmehr erkannte es nur wenige Werbungs­kosten an, was zum Ansatz des Arbeit­neh­mer­pausch­be­trags führte. Im Bescheid führte es aus, dass die Voraus­set­zungen für eine beruf­lich bedingte doppelte Haushalts­füh­rung aufgrund der nur geringen Entfer­nung zwischen Haupt­wohn­sitz und Zweit­wohn­sitz nicht vorliegen.

Das Finanz­ge­richt hat entschieden, dass das Finanzamt die geltend gemachten Aufwen­dungen für eine doppelte Haushalts­füh­rung zu Recht nicht berück­sich­tigt hat. Eine doppelte Haushalts­füh­rung ist nicht gegeben, wenn der Steuer­pflich­tige in einer Wohnung am Beschäf­ti­gungsort aus beruf­li­chen Gründen einen Zweit­haus­halt führt und auch der vorhan­dene "eigene Hausstand" am Beschäf­ti­gungsort belegen ist. Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäf­ti­gungsort fallen dann nicht ausein­ander. Die Entschei­dung darüber, ob die Wohnung so zur Arbeits­stätte gelegen ist, dass der Arbeit­nehmer in zumut­barer Weise täglich von dort seine Arbeits­stätte aufsu­chen kann, obliegt in erster Linie der Würdi­gung durch das Finanz­ge­richt.

Nach der Recht­spre­chung des BFH ist der eigene Hausstand nur dann am Beschäf­ti­gungsort belegen, wenn der Arbeit­nehmer – unabhängig von Gemeinde- oder Landes­grenzen – seine Arbeits­stätte täglich aufzu­su­chen kann. Eine Mindest­ent­fer­nung zwischen Haupt- und beruf­li­cher Zweit­woh­nung gibt das EStG nicht vor. Haupt- und Zweit­woh­nung können sich deshalb in Ausnah­me­fällen sogar in derselben politi­schen Gemeinde befinden. Wesent­lich ist somit die Entfer­nung zwischen Wohnung und Arbeits­stätte und die Zeitdauer, die der Arbeit­nehmer benötigt, um diese Strecke zurück­zu­legen. Dabei sind Wegezeiten von etwa einer Stunde zumutbar. Im Einzel­fall ist dies von den indivi­du­ellen Verkehrs­ver­bin­dungen und Wegezeiten zwischen der Wohnung und der Arbeits­stätte abhängig. 

Unter Berück­sich­ti­gung dieser Grund­sätze fallen der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäf­ti­gungsort des Klägers nicht ausein­ander. Denn der Kläger kann seine Arbeits­stätte von seinem ca. 30 km entfernten Hausstand mit dem PKW im Berufs­ver­kehr inner­halb von 50 bis 55 Minuten errei­chen (lt. Google Maps-Routen­planer). Da die üblichen Wegezeiten maßgeb­lich sind, ist nicht darauf abzustellen, dass die Fahrzeit zeitweise im Einzel­fall aufgrund von Baustellen länger gedauert hat. Außer­halb des Berufs­ver­kehrs beträgt die Fahrzeit nur ca. 30 Minuten (lt. Google Maps-Routen­planer).

Quelle: Finanz­ge­richte | Urteil | FG Münster, 1 K 1448/22 E | 05-02-2024